1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Planungs- und Baumängel?: Neuer Rangierbahnhof in Halles kommt an seine Grenzen - Planungsmängel?

Planungs- und Baumängel? Neuer Rangierbahnhof in Halles kommt an seine Grenzen - Planungsmängel?

Von Alexander Schierholz 07.02.2019, 10:21
Sieht schön aus, bereitet aber Probleme: Halles neuer Rangierbahnhof.
Sieht schön aus, bereitet aber Probleme: Halles neuer Rangierbahnhof. Andreas Stedtler

Halle (Saale) - Halles neuer Güterbahnhof - eine Fehlplanung? Die vor sieben Monaten eröffnete Anlage kommt jedenfalls schon bei geringer Auslastung an ihre Grenzen.

Nach MZ-Informationen konnten kurz vor dem Jahreswechsel im Schnitt täglich nur knapp 800 Waggons abgefertigt werden; das ist ein Drittel der vorgesehenen Kapazität. In der Folge stauten sich auf Zufahrtsstrecken Güterzüge mit dem Ziel Halle oder wurden gleich zu anderen Bahnhöfen umgeleitet. Das sei auch jetzt noch der Fall, sagte ein Mitarbeiter der Bahn-Gütertochter DB Cargo. Die Situation bessere sich nur langsam.

Halle ist für die Bahn die neue Drehscheibe zwischen den Seehäfen und Süd- und Osteuropa

Der 180 Millionen Euro teure Rangierbahnhof ist einer der zehn größten in Deutschland und gilt als modernster in Europa. Experten sprechen von einer „Zugbildungsanlage“. Dort werden keine Waggons be- oder entladen, sondern ankommende Züge geteilt und neu formiert, je nach Fahrtziel. Halle ist für die Bahn die neue Drehscheibe zwischen den Seehäfen und Süd- und Osteuropa. Dazu wird im Norden Sachsen-Anhalts eigens eine Zufahrtsstrecke ausgebaut.

Die Drehscheibe läuft aber nicht rund. Ursprünglich sahen die Pläne vor, dass nach rund fünf Monaten eingeschränkten Probebetriebs ab dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember mit voller Last gefahren wird - das bedeutet 50 bis 60 ein- und ausfahrende Züge täglich. Tatsächlich waren es nach Angaben aus Unternehmenskreisen deutlich weniger.

Der MZ liegen exemplarisch Zahlen für den 13. Dezember vor. Demnach kamen nur 26 Züge an, 31 verließen neu sortiert den Bahnhof. „Das ist weit entfernt von dem, was die Anlage leisten soll“, sagte ein Mitarbeiter, der aus Angst vor personellen Konsequenzen namentlich nicht genannt werden wollte.

Planungs- und Baumängel am Güterbahnhof Halle

Fachleute wie er machen Planungs- und Baumängel für die Probleme verantwortlich. So seien knapp die Hälfte der 36 Richtungsgleise, in denen die Züge neu formiert werden, Stumpfgleise. Das heißt, sie sind nur aus einer Richtung befahrbar. Immer wieder komme es aber vor, dass Waggons auf dem falschen Gleis stünden oder an der falschen Stelle im neuen Zug. Dann müsse der ganze Zug umrangiert werden, das sei aufwendig und koste Zeit.

Das gelte auch für den Fall, dass Wagen für Reparaturen in die nahe gelegene Werkstatt geschleppt werden. Dazu müssten Durchfahrgleise gekreuzt werden, auf denen normaler Zugverkehr stattfindet. „Wir planen immer den Idealfall“, kritisierte der Experte, „aber wir berücksichtigen nicht, dass Unregelmäßigkeiten auftreten können, die uns dann Zeit kosten.“ Um die Anlage in Halle zu entlasten, seien bereits Züge nach Seddin bei Potsdam oder nach Nürnberg umgeleitet worden.

DB Cargo erhöht Zahl der Beschäftigten im Rangierbahnhof

Um den Betrieb schneller und reibungsloser abwickeln zu können, hat DB Cargo nach MZ-Informationen die Zahl der Beschäftigten im Rangierbahnhof mittlerweile auf 150 erhöht, 50 mehr als ursprünglich geplant. Das Unternehmen wollte das nicht kommentieren und äußerte sich nur allgemein zu den Problemen.

So räumte eine Sprecherin ein, man benötige „länger als ursprünglich vorgesehen“, um den „geplanten Zustand“ der Zugbildungsanlage zu erreichen. Man sei aber zuversichtlich, „in den nächsten Wochen das geplante Ziel“ von durchschnittlich 50 Zügen täglich zu schaffen. Dazu sei eigens eine „Einsatzgruppe“ mit Vertretern von DB Cargo und DB Netz, dem Eigentümer der Gleisanlagen, gegründet worden.

Bei direkten Anwohnern in Halle löst die Anlage unterdessen aus einem ganz anderen Grund Kritik aus: Sie fordern vor allem für die Nächte einen besseren Schutz vor dem Lärm, der beim Rangieren entsteht. Die Bahn beharrt indes darauf, es würden alle Schallschutz-Vorgaben umgesetzt. (mz)

  (mz)