Neonazi-Aufmarsch in Halle am 1. Mai Naziaufmarsch in Halle (Saale) am 1. Mai: So wird der Gegenprotest organisiert

Halle (Saale) - Halle rüstet sich mit ungewöhnlichen Maßnahmen für einen der größten Aufmärsche von Rechtsradikalen der vergangenen Jahre. Am 1. Mai wollen Neonazis aus ganz Deutschland in die Saalestadt kommen und nach eigenen Angaben um 12 Uhr auf dem Marktplatz aufmarschieren. Organisiert wird die Demo von der Partei „Die Rechte“. Neben zahlreichen Protestaktionen auf der Straße sollen die Hallenser den Rechtsextremen erstmals auch in Straßenbahnen zeigen, dass sie in der Saalestadt nicht willkommen sind.
Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) ruft Einwohner, Vereine und Initiativen dazu auf, sich am 1. Mai in den Bahnen der Havag zu präsentieren und über ihre Ziele zu informieren. Die Tickets dafür zahlt die Stadt. Außerdem sind Kundgebungen auf dem Marktplatz und dem Hallmarkt geplant. Hinzu kommen zwei Demonstrationszüge durch die Innenstadt.
Demonstrationen am 1. Mai in Halle: Stadt sieht Aktion als kreative Form des Protestes
Bedenken, dass sich der Protest durch die Straßenbahn-Aktion und die anderen Demonstrationen in der Stadt verläuft, gibt es im Rathaus offenbar nicht. „Die Stadt sieht diese Aktion als kreative Form des Protestes“, sagt Oliver Paulsen, Grundsatzreferent im Rathaus. „Mit dieser Aktion sollen insbesondere Menschen angesprochen werden, die an Straßenprotesten nicht teilnehmen wollen.“ Bisher hätten sich zwölf Vereine mit Gruppen zwischen einer und zehn Personen bei der Stadt gemeldet.
Auch Christof Starke, Geschäftsführer des Bündnisses Halle gegen Rechts, das den Straßenprotest organisiert, sieht die Straßenbahn-Aktion der Stadt nicht als Konkurrenzveranstaltung. „Wir sehen die Vielfalt der Veranstaltungen.“ Zur Aussicht auf Erfolg äußert er sich allerdings zurückhaltend. „Die Aktion ist neu, man wird sehen, ob das funktioniert.“ Die linksextreme Antifa lehnt den Plan der Stadt ab und spricht von „fragwürdiger Straßenbahntingelei“.
Demonstrationen am 1. Mai in Halle: „Picknick für Toleranz“
Voll wird es wie gewohnt auf dem Markt, wo der DGB seine zentrale Kundgebung zum Tag der Arbeit abhält. „Wir lassen uns von Rechten nicht die Tagesordnung vorschreiben“, sagt DGB-Chef Johannes Krause (SPD). Parallel dazu beteiligen sich Gewerkschafter an anderen Protestaktionen des Bündnisses gegen Rechts, dem sich auch alle Stadtratsfraktionen bis auf die CDU/FDP angeschlossen haben.
Fraktionsvorsitzender Andreas Scholtyssek: „Wir sind auch gegen den Aufmarsch Rechter, aber es gibt keine Anwesenheitspflicht für Fraktionsmitglieder“. Auf dem Hallmarkt laden unterdessen zwischen 10 und 14 Uhr Freiwilligenagentur, Bürgerstiftung und Kirchenkreis zu einem „Picknick für Toleranz“ ein.
Bündnis gegen Rechts plant zwei Demonstrationszüge am 1. Mai in Halle
Das Bündnis gegen Rechts plant zwei Demonstrationszüge vom Uniplatz bis zum Bahnhof. Einen um 10.30 Uhr und einen um 12 Uhr. Am Bahnhof wolle man Gesicht zeigen, weil die Rechten dort ankommen. Das weckt Erinnerungen an das Jahr 2011. Auch damals sollte eine bundesweit beworbene Nazi-Demo in Halle stattfinden.
Gegendemonstranten hatten den Bahnhof so blockiert, dass die Rechten nur eine kurze Runde drehen konnten und schnell verschwanden. In diesem Jahr mobilisieren die Rechten weit über die Grenzen von Sachsen-Anhalt hinaus: Einladungsflyer sind sogar in Tschechien verteilt worden.
1. Mai in Halle: Wenig Informationen der Polizei zu Einsatzplanung und Marschroute der Neonazis
Die Polizei hält sich indes mit Informationen in Sachen Einsatzplanung und Marschroute der Neonazis sehr zurück. Man rechne mit „mehreren Hundert“ Teilnehmern der rechten Demonstration, sagt Ralf Karlstedt, Sprecher der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd, bei der alle Anmeldungen für die Demos am 1. Mai eingehen. Genauere Zahlen könne er noch nicht nennen. Auch die genaue Marschroute der Rechten stehe noch nicht fest. Grund sei, dass die Polizei noch in Gesprächen mit Anmeldern von Demonstrationen sei. „Es steht ja noch nicht fest, wer wo demonstriert. Wir belegen Versammlungsräume nicht doppelt“, so Karlstedt.
Das bedeutet, dass rechte und linke Demonstranten nicht an der selben Stelle, wohl aber in Sichtweite demonstrieren dürfen. Donnerstag wolle seine Behörde eine Pressemitteilung mit Informationen für Anwohner veröffentlichen, so Karlstedt. Ob die Route darin genannt wird, ließ er offen. (mz)