Nach Drohungen gegen Burg-Gymnasium Wettin Nach Drohungen gegen Burg-Gymnasium Wettin: Polizei nimmt Schüler zur Befragung mit

Wettin - Im Morgengrauen wird das Burggymnasium in Wettin (Saalekreis) zur Festung: Dutzende Polizei-Einsatzwagen umstellen am Donnerstag ab 6 Uhr die Schule. Am Eingang kontrollieren schwarz-uniformierte Polizisten jeden Schüler und jeden Lehrer, der in das Gebäude will. Selbst im Sekretariat herrscht Polizeipräsenz. Insgesamt sind es 100 Einsatzkräfte, die an diesem Morgen die Wettiner Schule sichern.
Der Grund für den spektakulären Großeinsatz ist eine Reihe von Drohungen, die seit Montag im Sekretariat eingegangen waren. Über den genauen Wortlaut der anonym versandten E-Mails schweigt Polizeisprecher Jürgen Müller. „Sinngemäß hieß es in den Mails: Noch diese Woche wird etwas passieren“, so Müller. Bereits gegen 6 Uhr, also noch vor Unterrichtsbeginn, hatten Suchhunde den Schulkomplex nach Sprengstoff durchsucht. „Gefunden wurde nichts“, sagt Müller.
Mehrere Einsätze der Polizei im Saalekreis
Der Einsatz von Wettin ist eine Ausnahme, was den Umfang angeht, aber auch weil die Droh-Mails sich hier häuften. Mit Drohungen gegen Schulen aber hat die Polizei immer wieder zu tun. So gibt es im April dieses Jahres eine Bombendrohung gegen eine Grund- und eine Sekundarschule in Dessau, im September zuvor gleich zweimal gegen das dortige Berufsschulzentrum. Im Oktober vergangenen Jahres wird an eine Wand der Mädchentoilette einer Bernburger Sekundarschule eine Amokdrohung geschmiert: „Ihr werdet alle sterben“. Im November 2011 legt eine 13-Jährige Feuer am Gymnasium in Ballenstedt (Harz) und geht mit dem Messer auf einen Mitschüler los. Im Internet hatte sie zuvor unter Bezug auf ein Attentat an einer Schule in den USA einen Amoklauf angekündigt.
„Ihr werdet alle sterben - Amoklauf“: Diese mit schwarzem Eddingstift auf die Wand der Mädchentoilette geschriebene Drohung hatte im Oktober den Schulbetrieb im Gebäude Tolstoiallee des Campus Technicus durcheinandergewirbelt. Gegen 11.45 Uhr am 22. Oktober hatte die Leitung der Sekundarschule die Polizei alarmiert. Die Beamten untersuchten anschließend den Tatort und befragten Schüler wie Lehrer in ihren Klassenräumen. Mehr dazu...
Nur einige Beispiele aus den vergangenen Jahren. Längst nicht jeder Vorfall wird öffentlich bekannt. „Drohungen spielen sich relativ häufig in sozialen Netzwerken ab“, sagt Andreas von Koß, Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) in Magdeburg. Eine Statistik über die Häufigkeit der Fälle führen aber weder das LKA noch das Kultusministerium.
Pläne für den Katastrophenfall
Drohung sei nicht gleich Drohung, betont von Koß. Deshalb sei die Polizei im Falle eines Falles angewiesen auf die Informationen aus der jeweiligen Schule. Die Lehrer dort könnten in vielen Fällen schon einschätzen, ob es sich um einen schlechten Scherz eines Schülers handele oder ob mehr dahinter stecke. Generell gelte aber die Devise, so von Koß: „Lieber einmal mehr Präsenz zeigen als einmal zu wenig.“ Sei etwa von einer Bombe die Rede, sei sofortiges Eingreifen der Polizei und der Einsatz von Spürhunden die Regel.
Auch wenn es nur eine Mail oder ein Anruf mit einer unkonkreten Ankündigung ist, für die Schulleiter ist es Pflicht, die Polizei zu verständigen. Darüber hinaus hält jede Schule Notfallpläne vor, in denen das Verhalten in einem Bedrohungsszenario oder im Katastrophenfall geregelt ist - vom Alarm über die Fluchtwege bis zur Räumung des Gebäudes. „Bei Bedarf können sich Lehrer jederzeit von Psychologen des Landesschulamtes beraten und fortbilden lassen“, sagt Martin Hanusch, Sprecher im Kultusministerium. Das gelte zum Beispiel für den angemessenen Umgang mit Schülern, wenn diese Drohungen im Schulhaus entdeckten, wie etwa im vorigen Jahr in Bernburg.
Ermittler befragen Schüler in Wettin
Wer der Absender der Droh-Mails im Wettiner Fall ist, bleibt bislang unklar. „Die Experten des Landeskriminalamtes untersuchen das“, sagt Polizeisprecher Müller. „Da sind wir aber natürlich auf die E-Mail-Anbieter angewiesen.“ Nach MZ-Informationen haben die Ermittler einen Schüler konkret befragt.
Gegen 12 Uhr am Donnerstag entspannt sich die Lage auf dem Gelände des Burggymnasiums, ein Großteil der Polizeiwagen rollt vom Hof. „Die hohe Präsenzstärke war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nötig“, sagt der Polizeisprecher. Am heutigen Freitag will die Polizei aber wieder vor Ort sein, jedoch nicht in der Stärke wie am Vortag. Auch Kontrollen soll es nicht mehr geben. (mz)