MZ-Joggingserie - Teil 2 MZ-Joggingserie - Teil 2: Tipps vom Olympiasieger Waldemar Cierpinski

Halle (Saale) - Der Blick von Waldemar Cierpinski ist ein bisschen kritisch, als er zum wiederholten Male mein Bein packt. Die Aufwärmübung, die mir der Doppelolympiasieger zeigt, will nicht so recht gelingen. Denn anstatt das Bein einfach locker auf den Waldboden fallen zu lassen, spanne ich immer wieder meinen Oberschenkel an und stampfe am Ende auf. „Lockerer werden, loslassen“, sagt Cierpinski. Die Aufwärm- und Lockerübung vorm Joggen in der Dölauer Heide will mir trotz der professionellen Anleitung nicht gelingen.
Die Heide ist so etwas wie das Wohnzimmer von Waldemar Cierpinski. Halles Laufparadies, wie er es nennt, als wir uns morgens am Waldkater treffen. „Es gibt hier viele ganz kleine verlorene Wege, wo man vollkommen für sich sein kann“, sagt Cierpinski. Glücklicherweise haben wir uns vor dem großen Unwetter vor drei Wochen verabredet. Denn seitdem ist die Heide für Jogger erst mal nicht so richtig zu benutzen. Hunderte Bäume sind umgestürzt. Noch immer ist die Stadt mit den Aufräumarbeiten beschäftigt.
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250.000 Kilometer gejoggt
Cierpinski kennt in der Heide jeden Stein. Von den 250 000 Kilometern, die er in seiner Karriere gelaufen ist, hat er die meisten in Halles Laufmekka zurückgelegt. Zu seiner aktiven Zeit ist er auch mal 200 oder 300 Kilometer pro Woche gelaufen - dreimal am Tag Training. „Da habe ich die Heide auch schon mal verflucht“, sagt der 64-Jährige, der heute ein Sportgeschäft in Halle betreibt.
Vom Waldkater aus machen wir uns auf den Weg einmal um die halbe Heide herum. Gut acht Kilometer liegen vor uns. Der größte Teil auf Waldwegen. „Früher war der Untergrund wichtiger. Mit den modernen Joggingschuhen ist es egal, ob man auf der Straße oder auf Naturboden läuft“, sagt Cierpinski. Zu seinen Zeiten sei die Dämpfung der Sohlen noch nicht so gut gewesen. Heute sollten Läufer den Untergrund häufiger mal wechseln.
Lesen Sie auf Seite zwei weiter, welcher Kommentar eines Sportreporters Cierpinski bis heute verfolgt.
In Sichtweite der Salzmünder Straße biegen wir Richtung Norden ab. Auf diesem Abschnitt wird das Terrain welliger, immer mehr Wurzeln gucken aus dem Boden heraus. „Wichtig ist, den Fuß immer schön abzurollen“, sagt Cierpinski, als er meinen stampfenden Laufstil sieht. Sein Tempo ist flott, aber immerhin kann ich folgen. Das wäre früher nicht möglich gewesen. „In den intensiven Trainingsphasen bin ich mehrmals die Woche 20 Kilometer in 62 bis 64 Minuten gelaufen“, sagt Cierpinski.
Dieses akribische Training hat ihn zu zwei Olympiasiegen getragen: 1976 in Montreal und vier Jahre später in Moskau. „Der erste ist immer der schönere, der zweite der wertvollere“, sagt Cierpinski. In Erinnerung geblieben ist der legendäre Kommentar von Heinz-Florian Oertel, der nach der Zielankunft 1980 die werdenden Väter dazu aufrief, ihren Sohn Waldemar zu nennen. „Das bekomme ich heute noch zwei bis fünf Mal die Woche zu hören“, sagt Cierpinski, der bis heute ein freundschaftliches Verhältnis mit dem großen Sportreporter pflegt. Auch wenn er ihn für den Spruch ein bisschen verflucht.
Ausgleich zum Joggen finden
Die Kilometer fünf und sechs entlang der Waldstraße lassen wir währenddessen hinter uns und biegen auf die Zielgerade in Richtung Waldkater ein. „Heute laufe ich nur noch ein bis zweimal die Woche“, sagt Cierpinski. Dreimal wöchentlich spielt er dafür Fußball. „Man braucht immer den Ausgleich. Nur Joggen ist nicht gut für den Körper.“
Dennoch: Die Laufbegeisterung ist geblieben. Cierpinski erarbeitet Trainingspläne für Nachwuchsathleten, ist an der Organisation des Mitteldeutschen Marathons beteiligt, der in diesem Jahr am 6. September stattfindet. „Mit dem Training für die Halbdistanz sollte man spätestens vier bis sechs Wochen vorher beginnen“, sagt Cierpinski. Und er muss es wissen. (mz)

