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Musical-Casting in Halle Musical-Casting in Halle: Sang- und klanglos gescheitert

Von Nicolas Ottersbach 18.01.2016, 19:14
Opernchorleiter Peter Schedding (l.) probt mit MZ-Volontär Nicolas Ottersbach. Für einen Auftritt im Musketiere-Musical reicht es nicht.
Opernchorleiter Peter Schedding (l.) probt mit MZ-Volontär Nicolas Ottersbach. Für einen Auftritt im Musketiere-Musical reicht es nicht. silvio kison Lizenz

Halle (Saale) - Zehn zusätzliche Chorsänger braucht Halles Opern-Dirigent Peter Schedding. Weil im März die drei Musketiere als Musical aufgeführt werden, müssen die Kandidaten männlich, zwischen 15 und 24 Jahre alt sein und sollten nicht davor zurückschrecken, mit dem Degen zu fechten. Das klingt zunächst nicht sonderlich fordernd. Grund genug, sich als MZ-Volontär für die Rolle zu bewerben.

Hohe Anforderungen

„Man sollte schon eine gewisse Gesangserfahrung mitbringen“, erklärt Peter Schedding, während es unters Dach in den Probenraum der Oper geht. Mehr als einen Klavierflügel braucht er nicht, um die stimmliche Eignung der sogenannten Extra-Choristen zu testen. 20 Minuten sind pro Bewerber angesetzt. „Was haben Sie mit Ihrer Stimme denn schon gemacht?“, fragt er freundlich, aber bestimmt. Ein bisschen ist es wie in einem Bewerbungsgespräch, in dem man sich seinem potenziellen Arbeitgeber gut präsentieren möchte.

Erfahrung: im Gospelchor der Schule gesungen und zuletzt während des Wehrdienstes im Marinechor „Blaue Jungs“ aus Bremerhaven. „Aber das ist auch schon sechs Jahre her, sonst singe ich nur im Auto und im rheinischen Karneval, alleine und wenn es eh keinen interessiert“, muss ich gestehen. Denn sich besser darzustellen, als man ist, bringt herzlich wenig. Die Arbeitsprobe wird Schedding nämlich in wenigen Minuten einfordern.

Er will ambitionierte Sänger. Die stehen später mit dem fast 40-köpfigen Berufschor auf der Bühne. Die Ansprüche sind hoch. „Dass die Sänger jetzt auch noch Statistenaufgaben übernehmen, ist besonders“, sagt Schedding.

In seiner Einladung zum Casting schrieb er, dass sich die Bewerber zum Vorsingen ein Musikstück aussuchen dürfen. „Gerne auch ein Volkslied oder Ähnliches..“ Aus Unsicherheit über die eigene Stimme stelle ich gleich drei zur Auswahl. Den Seemanns-Klassiker „Wir lagen vor Madagaskar“, Don McLeans „American Pie“ und „Freude schöner Götterfunken“. Schedding entscheidet sich für letzteres. Entweder, weil er das am besten am Klavier begleiten kann. Oder eher weil er weiß, dass es das Einfachste für mich ist.

„Ahs“, „Los“ und „Nis“

„Vorher machen wir aber ein paar Gesangsübungen“, sagt er. Mit „Ahs“, „Los“ und „Nis“ geht es die Tonleiter rauf und runter. Da taucht das erste Problem auf: Es ist schwierig, den Ton zu treffen und zu halten, wenn Schedding ihn nicht selbst oder am Piano vorgibt. „Diese Intonation ist Übungssache, das bekommt man im Gesangsunterricht beigebracht“, erklärt er und umschreibt damit elegant, dass ich nie einen genossen habe. Was ihn aber nicht davon abbringt, zur Ode an die Freude überzugehen.

Wieder wird in verschiedenen Tonlagen gesungen, aber diesmal stoppt Schedding die Klavierbegleitung mittendrin. Er will hören, wie stimmsicher ich bin. Mal ist die Stimme zu tief, mal etwas zu hoch, ich bin geknickt. „Da ist jedoch etwas da, mit dem man arbeiten kann“, sagt Schedding. Das macht wieder Mut. Jetzt soll ich tief in den Bauch einatmen und stoßartig „Pff“ herauspusten. Die Hände sind dabei in die Taille gestützt. „Sagen sie mir, was da passiert.“ Die Muskeln ziehen sich bei jedem „Pff“ zusammen, der Bauch wird kleiner. „Genau so soll das sein“, lobt Schedding.

Nun sucht er eine Musicalpassage heraus. Der Text und die Noten - die ich ohnehin nicht lesen kann - entsprechen in der Länge etwa fünf Musikstücken. Schedding trägt mir die drei Sätze vor. Jetzt, wo Noten und Text völlig fremd sind, offenbaren sich meine Schwächen. Immer wieder liegt die Stimme daneben, die genaue Melodie kann ich mir nicht einprägen. Vom Text ganz zu schweigen. „Und jetzt müssen Sie sich vorstellen, dass das komplette Heft bis zum Probenbeginn in zwei Wochen sitzen muss“, sagt Schedding. Mehr braucht es nicht, um mir klar zu machen, dass es mit der Extra-Choristen-Rolle im Musketier-Musical nichts wird. (mz)