Ehefrau getötet Mordprozess in Halle: Wie die Polizei in einer Garage auf Tausende Briefe stieß
Das Verfahren um die Tötung einer 52 Jahre alten Frau aus Halle-Neustadt wird fortgesetzt. Am Montag wurden weitere Zeugen gehört - und es ging um jede Menge Post.

Halle (Saale)/MZ - „Wir haben viel gelacht“, berichtet eine Physiotherapeutin am Montag im Zeugenstand. Viele Male hat sie die Frau aus Neustadt behandelt, gegen deren mutmaßliche Mörder gerade vor dem Landgericht verhandelt wird. Angeklagt sind der Witwer, seine damalige Geliebte und ein Bekannter der beiden. Die Geliebte und der Bekannte haben gleich zu Prozessbeginn ihre Tatbeteiligung eingestanden. Der Ehemann gibt bisher an, er sei an der Planung der Bluttat vom September 2021 nicht beteiligt gewesen.
Die Staatsanwaltschaft geht dagegen davon aus, dass sich Holm G. mit dem Tod seiner 52 Jahre alten Frau einen aufwendigen Scheidungsprozess ersparen wollte. Bianka D., die Geliebte, wollte Holm G. demnach für sich haben - er sagt bisher, das Verhältnis der beiden sei für ihn eine Affäre und nichts weiter gewesen. Diese Aussage bestätigt am Montag einer seiner früheren Kollegen als Zeuge vor Gericht. „Die Frau war ganz lieb und auch der Umgang der Eheleute miteinander“, schildert eine andere Zeugin, die Holm G. von seinen Einkäufen bei Kaufland und seinen Touren als Postfahrer kennt, ihre Beobachtungen. Sie spricht aber auch von ihrer Beileidsbekundung nach dem Tod der Frau. Die Reaktion des Witwers darauf sei gewesen: „Das Leben muss weitergehen.“
Bald nach der Tat habe Holm G. von Umzugsplänen gesprochen, mit der Begründung, er könne nicht in der Wohnung leben, in der seine Frau zu Tode kam. In diese Wohnung haben die Zeugin und ihr Lebensgefährte den Mann Anfang Oktober begleitet - der Angeklagte habe Arbeitssachen holen wollen. Anders als von ihm behauptet, sei die Wohnungstür aber nach wie vor polizeilich versiegelt gewesen. Das Siegel habe Holm G. entfernt, besagte Hose und ein paar Schuhe geholt - und ein Portemonnaie unter dem Wohnzimmertisch, neben dem einige Tage zuvor seine tote Frau gelegen hatte. Nach seinen Worten hätten 500 Euro aus der Börse gefehlt, berichtet die Zeugin weiter; zudem aus dem Schlafzimmer die Schmuckschatulle der Ehefrau. Laut Anklage waren dem Komplizen Stefan H. für seine Tatbeteiligung neben einem Handy und Zigaretten auch Schmuck und Bargeld versprochen worden.
Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Jan Stengel berichtet die Zeugin weiter, es habe im Lottoladen bei Kaufland in der Südstadt öfter Beschwerden wegen verschwundener Post gegeben, als Holm G. dort Touren fuhr. Als im Zuge der Mordermittlungen seine Garage durchsucht wurde, waren die Polizisten auch auf große Berge von Papier gestoßen. „Das ist alles Müll“, hatte Holm G. am ersten Verhandlungstag die Frage des Richters beantwortet, worum es sich da handele.
In der Garage seien rund 4.000 größtenteils geöffnete Briefe gefunden worden, berichtet dagegen am Mittwoch eine Polizistin im Zeugenstand. Vor allem habe es sich um Glückwunsch- oder Beileidskarten gehandelt - „alles, worin man Geld erwartet“, wie die Kriminalbeamtin aussagt. Drei Tage hätten die Ermittler gebraucht, den Fund - teils nur leere Umschläge - zu sortieren. Ihn zu katalogisieren, habe dann einen ganzen Monat lang gedauert. Ermittelt wurde zunächst wegen Unterschlagung und Verletzung des Briefgeheimnisses. Dieses Verfahren ist derzeit wegen des Mordprozesses vorläufig eingestellt.
Auch in der Wohnung von Bianka D. war damals fremde Post gefunden worden, aber wohl weit weniger und vor allem Behördenschreiben. Über Bianka D. sagt am Montag eine weitere Zeugin aus, sie sei schnell ausgerastet, wenn ihr etwas gegen den Strich ging. Die beiden Frauen kennen sich aus Jugendtagen in einem halleschen Kinderheim. In welchem Verhältnis Bianka D. genau zu Holm G. und Stefan H. stand, will die Zeugin nicht gewusst haben. Sie sagt aber auch über ihre Bekannte: „Die Kerle ... Sie hat einen nach dem anderen genommen. Sie hat sie untereinander ausgespielt.“