Mit einer Kaffeekanne fing es an
HALLE/MZ. - Begonnen hatte alles, als Katharina Fahl im Februar 2006 zu Hause in Siegen (Nordrhein-Westfalen) eine MZ las, in der über den Halle-Fan Michael Woudenberg berichtet wurde. Der lebt in Castrop-Rauxel im Ruhrgebiet und sammelt alles, was mit Halle zu tun hat. Das Foto zeigte den Oberstudienrat, der Geschichte und Französisch lehrt, nicht etwa mit Büchern, Gemälden oder Bildern aus Halle, sondern mit einer Jugendstil-Kaffeekanne aus Lettin. "Das Muster fiel mir sofort auf", erinnert sich Katharina Fahl, "weil ich eine Tasse mit demselben Muster besitze und wissen wollte, wie der Mann zu dieser Kanne gekommen ist." Sie rief ihn an, und das Schicksal nahm seinen Lauf.
"Wir waren uns schon nach den ersten Telefonaten sympathisch", erzählt Manfred Woudenberg und strahlt. Denn beide hatten sofort entdeckt, dass sie eine große Leidenschaft gemeinsam haben - die Liebe zu Halle, weil sie in dieser Stadt aufgewachsen waren. An Gesprächsstoff mangelte es also nicht. Und die meisten Sätze begannen mit "Kennen Sie noch...?", "Können Sie sich erinnern...?"
Vertieft wurde die Bekanntschaft rund einen Monat später, als der Halle-"Botschafter" Woudenberg im März zur traditionellen Bürgerpreisverleihung "Der Esel, der auf Rosen geht" von der MZ ins neue theater eingeladen worden war und Katharina Fahl mitbrachte. Da waren sie schon per du.
"Unsere Biographien gleichen sich sehr, wir sind innerlich nie von Halle weggegangen und nach wie vor von der Stadt, ihrer Kultur und der Umgebung begeistert", sagt Katharina Fahl. Beide sind als Kinder in den Westen übersiedelt - er 1958 mit seinem Vater ins Ruhrgebiet (die Mutter starb früh), sie 1957 mit ihrer Mutter nach Siegen. Während Woudenberg bei seinen Großeltern im Robert-Franz-Ring 5 aufwuchs und die alten Leute bis in die 1970er Jahre regelmäßig besuchte, hatte Katharina Fahl vor allem zu einer Freundin im Giebichenstein-Viertel, ihrem früheren Wohngebiet, Kontakt. Jedes Jahr reiste sie zu den Händel-Festspielen, einmal sogar mit ihrem Siegener Chor. Noch immer gehört sie der Händel-Gesellschaft an.
Sie hat zwar in ihrer Wohnung kein Halle-Zimmer wie ihr Lebensgefährte. Aber sie streift mit ihm gerne durch die Heimatstadt, beide frischen Erinnerungen auf, entdecken Neues, nun gemeinsam, was doppelt so schön sei. Derzeit sind die zwei, die vor ihrer Bekanntschaft allein gelebt haben, wieder hier. Sie haben sich "Don Giovanni" und "Madame Pompadour" im Opernhaus angesehen, die Luther-Ausstellung im Landesmuseum sowie die Gerlinger-Sammlung im neuen Erweiterungsbau der Moritzburg. Sie sind Essen gegangen und haben Freunde besucht.
Und Katharina hat ihren Manfred in ein Antiquariat begleitet, wo er eine Kostbarkeit erstand: eine Dreyhaupt-Chronik von 1733. Etliche hundert Euro habe er dafür ausgegeben, erzählt Woudenberg, während er in dem dicken Band blättert, in dem Dreyhaupt Ereignisse in Halle und Umgebung beschreibt. Solche Touren mag sie, wird nie ungeduldig, wenn er mal wieder seine Halle-Sammlung vervollständigt. Er nimmt ihr wiederum die täglichen Einkäufe ab - wenn sie hier sind, leben sie in einer Wohnung im Giebichenstein-Viertel, die ihnen eine Freundin zur Verfügung stellt.
Im Sommer, nach seiner Pensionierung, will Woudenberg auf die Suche nach einer Wohnung in Halle gehen. Wann seine Katharina zu ihm ziehen wird, ist ungewiss, da sie ihre Arbeit in einer Immobilienfirma noch nicht aufgeben will. Dass sie nach Halle zurückkehrt, das, so sagt sie, stehe fest, ein Hochzeitstermin vorerst aber nicht. Auf alle Fälle werde die Kaffeekanne einen Ehrenplatz erhalten: "Ohne sie hätten wir uns nie kennen gelernt", sagen beide und schauen sich verliebt in die Augen.