Geld im Internet gesammelt Meisterstück von Meister Turbine Halle: Aus Schlacke-Feld entstand Kunstrasenplatz

Halle (Saale) - Der legendäre Werner Stricksner hätte diesen Abend sicher gern noch miterlebt. Als einem der letzten Spieler der Meisterelf von 1952 wäre es dem im Januar verstorbenen Mannschaftskameraden von halleschen Fußballhelden wie Herbert Rappsilver, Otto Werkmeister, Heinz Schleif, Walter Schmidt, Otto Knefler und Erich Haase beinahe vergönnt gewesen, ein erneutes Meisterstück seines Vereines Turbine Halle zu erleben - diesmal allerdings keines auf dem Fußballplatz, sondern mit einem Fußballplatz.
Der ist sattgrün, nagelneu und er wurde am Mittwochabend mit einer Riesenparty auf dem legendären Fußball-Felsen hoch oben über der Saale eröffnet. Die eigentlich schon aufgelöste hallesche Kultband Venus in Furs kam eigens aus diesem Anlass noch einmal für ein Konzert zusammen und lieferte pünktlich eine neue Turbine-Vereinshymne, die die große Vergangenheit feiert und die Gegenwart ebenso.
Turbine Halle: Emotionale Hymne zur Eröffnung
Ein mit der emotionalen Hymne unterlegtes Video aus Bildern und Filmsequenzen aus dem Turbine-Leben sorgte für Gänsehaut bei jungen und alten Turbine-Fußballern, bei den Eltern der Nachwuchskicker und vielen Unterstützern, die zur Party gekommen waren.
Fast tausend Privatpersonen, Unternehmen und Handwerksbetriebe hatten dem Traditionsverein in den letzten drei Jahren beim Versuch geholfen, den längst kaputtgespielten Schlacke-Platz aus der Ära der Stricksners, Rappsilbers und Werkmeisters mit vielen Ideen und noch mehr Engagement durch einen zeitgemäßen Kunstrasenplatz zu ersetzen.
Kunstrasenplatz für Turbine Halle: Aus Schnapsidee wurde Realität
Eigentlich eine Schnapsidee für einen Verein, der eine große Tradition und einen festen inneren Zusammenhalt, aber nur sehr geringe finanzielle Möglichkeiten hat. „Aber unser Hartplatz war der älteste noch genutzte der Stadt“, beschreibt Turbine-Nachwuchstrainer Sven Ziegler. Es musste etwas passieren, „damit der Verein eine Zukunft hat“, wie Ziegler sagt.
Zusammen mit seinem Trainerkollegen Detlef Thürkow startete er die Initiative, den stolze hunderttausend Euro betragenden Eigenanteil des Vereins für den Bau eines Kunstrasenplatzes per Crowd Funding im Internet zusammenzubekommen. „Dort sammeln Künstler Geld für neue Platten, Erfinder suchen Spenden für die Umsetzung ihrer Ideen“, erinnert sich Thürkow, „wir haben uns gedacht, wir versuchen das jetzt einfach auch.“
Kunstrasenplatz für Turbine Halle: Drei Jahre Schwerstarbeit
Von wegen einfach. Es ist der Beginn eines Marathons, der zwischendrin mehrfach zum Hindernislauf wird. Mit der Aktion „Wir stauben den alten Schotter ab“ startet der Turbine-Förderverein Anfang 2015 eine Spendensammlung der anderen Art: Ab zehn Euro kann jedermann symbolisch einen Quadratmeter vom künftigen Kunstrasenplatz erwerben - und sich sogar aussuchen, welcher Quadratmeter es denn sein soll - Elfmeterpunkt? Ecke? Oder lieber der Mittelkreis?
Dazu hatte der studierte Geograf Thürkow eine interaktive Karte programmiert, auf der Spender sich ihr Stück Kunstrasen reservieren konnten. Das schlug ein - binnen weniger Tage waren schon fast 10.000 Euro zusammengekommen.
Kunstrasenplatz für Turbine Halle: Internetverkauf der exakt 6.445 Quadratmeter
Doch Ziegler und Thürkow wussten, das würde nicht reichen. Neben dem Internetverkauf der exakt 6.445 Quadratmeter des künftigen Platzes veranstalteten die Turbineros deshalb Osterfeuer und Felsenweihnacht, es gab Benefizläufe, Tanzveranstaltungen und sogar ein Gastspiel des großen Ortsnachbarn HFC, der seiner ersten Meisterschaft noch hinterherläuft.
Das Echo war riesig. Zeitungen berichteten, Fernsehsender drehen auf dem Felsen, der DFB applaudierte und andere Vereine aus der Republik fragten an, ob sie das Modell benutzen dürfen. Bei Turbine füllte sich das Konto - bis Fußballchef Daniel Wurbs vor einem Jahr in einer Mitgliederversammlung mitteilen musste, dass es weder 2018 noch 2019 die erhofften Fördermittel vom Land geben werde. Lange Gesichter im Vereinsheim. Alles vergebens? Keineswegs, denn Wurbs beendet seinen Satz schließlich mit: „Und deshalb bauen wir schon 2017!“
Kunstrasenplatz für Turbine Halle: Schmuckstück ist fertig
Zwölf Monate später nun steht der Platz, ein „Schmuckstück“, wie Sven Ziegler sagt. Pünktlich vor Beginn der bisher so gefürchteten Matsch- und Frostsaison, in der Turbine-Mannschaften ihre verhasste „Staublunge“ nur voller Pfützen oder aber hart überfroren kannten, steht der neue Platz.
Eingeweiht wurde er am Mittwoch mit einer Aktion, auf die vermutlich nur die Leute von Turbine kommen konnten: Die virtuelle Internetkarte des Platzes wurde mit allen anwesenden Spendern und Rasenkäufern nachgestellt und per Drohne fotografiert.
››Die Aktion im Netz: www.turbinehalle.de (mz)
