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Madonna in Stein verewigt

Von Kornelia Privenau 20.10.2005, 15:09

Wettin/MZ. - Die Knochen - sie gehörten drei Männern und zwei Frauen - waren bei Ausschachtungsarbeiten unmittelbar neben der aus dem Jahre 1280 stammenden Kapelle gefunden worden. Der Grund der Ausschachtung: Für die Galeriebesucher sollte eine Toilette eingebaut werden.

Achim Lipp, Vorsitzender des Vereins Freunde des Templerhofes Gut Mücheln, hatte den Fund miterlebt. "Es herrschte zunächst große Aufregung, weil man ja nicht wusste, wie alt die Knochen sind." Rechtsmediziner konnten schnell Entwarnung geben. Die Knochen stammen aus der Zeit um 1500. Würde man auf dem Hof weiter graben, kämen sicher noch mehr Gebeine zum Vorschein, denn es war schon im frühen Mittelalter durchaus üblich, Friedhöfe neben Kirchen anzulegen.

Die forensischen Mediziner hatten laut Lipp Geschlecht und Alter der Skelette feststellen können. Einer der Männer muss so um die 60 Jahre alt gewesen sein, die beiden anderen seien wesentlich jünger und wahrscheinlich Brüder. "Die Verwandtschaft", so Lipp, "lässt sich aber erst durch einen DNA-Test genau bestimmen."

Neben den Skeletten kann der Besucher in der Galerie auch Funde betrachten, die bei den Sanierungsarbeiten in der Kapelle gemacht wurden. So beispielsweise einen Stein aus dem späten 13. Jahrhundert mit dem Antlitz der Madonna von Mücheln. Er wurde entdeckt, als die zugemauerten Fenster geöffnet wurden, dann im Landesmuseum Halle restauriert und geht nun als Leihgabe in dessen neue Ausstellung "Saladin und die Kreuzfahrer", die am heutigen Freitag beginnt.

In der Galerie finden sich zahlreiche Hinweise auf das Leben der Mönche in der Region. Lipp: "Ein Prior wurde 1499 von seinem Knecht erschlagen." Und die Kirchenmänner seien weltlichen Freuden durchaus nicht abgeneigt gewesen. Ein Propst sei im 13. Jahrhundert sogar nach Rom zu Papst Innozenz gepilgert, um die Erlaubnis zu erhalten, in aller Öffentlichkeit Fleisch zu verzehren. Lipp: "Sie wurde erteilt."

Im nächsten Jahr soll auf dem Hof in Mücheln ein Botanischer Garten entstehen. Hier sollen Pflanzen aus dem Mittelmeerraum heimisch gemacht werden, die die Kreuzritter - zahlreiche kamen auch aus dem Fürstenhaus Wettin - gefunden und mitgebracht hatten. Zu diesem Thema gibt es im Juni 2006 ein Symposium, an dem sich Pflanzenbauer, Blumenbinder, Köche und Mediziner beteiligen und den Besuchern Interessantes vermitteln werden.

Führungen durch die Doppelkapelle und die Galerie mit Steinmetzwerkstatt können angemeldet werden unter Tel. 0173 / 373 4296.