Leichtathletik-WM Leichtathletik-WM: Wie Halles Stars um ihre Tickets für Doha kämpfen

Halle (Saale) - Sport? Stand an diesem Wochenende auf dem Index. Nadine Müller wollte lieber in ihrem neuen Zuhause Schränke aufbauen. Und dann war da ja auch noch der Familienzuwachs, die zwölf Wochen alte Frieda. Das zuckersüße Tigerdackel-Kurzhaar-Mädchen fordert nun permanent ihr Recht ein.
Nach drei Wettkämpfen innerhalb einer Woche ist die Verschnaufpause vom Diskus für Halles WM-Hoffnung praktisch Teil der Regeneration. Nach dem Diamond-League-Auftritt vor acht Tagen in Rabat (5./64,01 m) folgten am Dienstag in Kopenhagen bei schlechtem Wetter und damit schwierigen Bedingungen 61,40 Meter. Das war Platz zwei hinter Nationalmannschaftskollegin Kristin Pudenz.
Am Donnerstagabend schließlich im spanischen Huelva segelte ihr Diskus 61,85 Meter weit. Diesen fünften Platz machte Nadine Müller in geborgten Sachen fix. Weil ihr Gepäck beim Hin- und Herfliegen verloren gegangen war, musste sie improvisieren. „Das Trikot habe ich von Sara Gambetta gekriegt“, bedankt sich Nadine Müller bei ihrer Trainingsgefährtin, die in Huelva das Kugelstoßen gewann.
Die Wettkampfschuhe hatte Halles Diskus-Ass glücklicherweise im Handgepäck. Nur ihre drei Disken fehlten eben, so dass sie die vom Veranstalter nutzen musste. „Unter dem Aspekt bin ich mit der Weite ganz zufrieden“, sagt die 33-Jährige.
Nadine Müllers Ziel: National die Nummer eins
Schließlich hat auch der Reisestress noch seinen Tribut gefordert. „Da es bis zu den deutschen Meisterschaften keine Meetings mehr für mich gibt, habe ich diesen Wettkampfblock ganz bewusst gewählt“, erklärt die Bundespolizistin. Eines wurmt die ehrgeizige Sportlerin aber doch. Denn Nadine Müller versucht immer auch, beste Deutsche zu sein. Dass Pudenz sie in Kopenhagen im letzten Versuch noch abfing, trübt ihre ansonsten akzeptable Bilanz. In Rabat und Huelva vertrat die EM-Zweite des Vorjahres allein die deutschen Farben.
In den nächsten Tagen wird das Training vor allem im Kraftraum stattfinden, „um die Form wieder aufzubauen und die Spannung, die abfällt, wieder zu bekommen“. Bei einem Camp anschließend in Kienbaum und die Tage danach auf der Heimanlage liegt der Schwerpunkt wieder auf dem Wurftraining. Denn bei den deutschen Meisterschaften Anfang August in Berlin will der Schützling von Trainer Rene Sack seinen Nummer-eins-Status national untermauern. Damit wäre auch die Nominierung für die späte WM im Oktober in Doha perfekt. Starten dürfen dann drei Deutsche in dieser Disziplin.
Die Kunst wird sein, das sagt Halles Leichtathletik-Experte Hardy Gnewuch, die Form in den langen acht Wochen danach bis zum Saisonhöhepunkt, der WM, zu halten. Der Chef vom Olympiastützpunkt Halle sieht Nadine Müller auf einem guten Weg: „Sie wirft jetzt schon stabil Weiten um die 64 Meter und holt sich so eine Menge Selbstvertrauen“, begründet Hardy Gnewuch seinen Optimismus.
Sara Gambetta: „Sie wird uns noch viel Freude bereiten“
Der erstreckt sich auch auf Halles zweite WM-Kandidatin, Sara Gambetta. „Sie ist mein Joker“, sagt Gnewuch. „Sara hat das gewisse Maß an Spaß und Lockerheit, und ist dazu noch sehr schnell im Oberkörper. Ich bin überzeugt, sie wird uns noch viel Freude bereiten.“ Mit 18,40 Metern im letzten Stoß übertraf Sara Gambetta in Huelve die bis dato mit 18,27 Metern führende US-Amerikanerin Monique Riddick. Damit blieb sie gerademal sechs Zentimeter unter ihrer Bestleistung.
Nur dreimal überhaupt hat die 26-Jährige im Wettkampf die Kugel weiter gestoßen. Ihre ansteigende Form nährt die Hoffnung, dass sie sich von ihren 16. Platz in der Jahresweltbestenliste - anderthalb Meter hinter der Führenden Lijiao Gong aus China - weiter vorarbeiten kann. Und das, obwohl die Vorbereitung auf die WM-Saison für die Studentin nicht problemlos verlief. Im Trainingslager im Frühjahr in der Türkei hatte sie sich mit einer Kapselverletzung mal wieder einen Querschläger eingehandelt.
Cindy Roleder ist „die disziplinierteste Athletin“
Halles dritte WM-Kandidatin Cindy Roleder legte die letzten Tage den Fokus aufs Training. Aber sicher hat die Hürdensprinterin registriert, dass die Wattenscheiderin Pamela Dutkiewicz beim Saisoneinstand am Freitagabend in Zeulenroda ihr mit 12,91 Sekunden über 100 Meter die nationale Saisonbestmarke abgenommen hat. Beide trennen jedoch nur zwei Hundertstel.
„Cindy ist die disziplinierteste und professionellste Athletin, die ich kenne. Sie ordnet ihrem Sport alles unter“, sagt Gnewuch. Auch deshalb sieht er die 29-Jährige im WM-Aufgebot und traut ihr dann in Doha selbst eine Finalplatzierung zu. (mz)