1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. "Klimagewalten" im Landesmuseum: "Klimagewalten": Neue Schau im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle erweckt Mammuts und Höhlenlöwen

"Klimagewalten" im Landesmuseum "Klimagewalten": Neue Schau im Landesmuseum für Vorgeschichte Halle erweckt Mammuts und Höhlenlöwen

Von Kai Agthe 30.11.2017, 08:30
Eine eindrucksvolle Szene mit drei Höhlenlöwen, die ein Mammut und ihr Junges jagen
Eine eindrucksvolle Szene mit drei Höhlenlöwen, die ein Mammut und ihr Junges jagen dpa-Zentralbild

Halle (Saale) - Die Szene im Atrium des Landesmuseums für Vorgeschichte Halle wirkt wie eingefroren: Während ein Mammut einen Höhlenlöwen mit seinen Stoßzähnen in die Luft schleudert, attackiert eine zweite Raubkatze mit seinen Vorderpranken dessen Junges. Ein dritter Löwe nähert sich konzentriert, um sogleich in das Geschehen einzugreifen. Zugetragen haben könnte sich dieser Beutezug vor rund 220.000 Jahren und damit in jener Eiszeit, die vor 6,2 Millionen Jahren begann und bis heute anhält.

Die „Eiszeitbegegnung: Tundra-Titanen“ betitelte Zentralinstallation ist der optische Höhepunkt in der an visuellen Glanzpunkten reichen Ausstellung „Klimagewalten - Treibende Kraft der Evolution“, die den Wandel des Klimas im Verlauf von Jahrmillionen betrachtet. Eine Schau, die, so Landesarchäologe Harald Meller, „Natur und Archäologie verbindet“.

35 Leihgebern aus zehn Ländern und insgesamt 800 Exponate

Mit 35 Leihgebern aus zehn Ländern und insgesamt 800 Exponaten auf 1.000 Quadratmetern Fläche sei diese Sonderschau des Landesmuseums „eine internationale und hochgradig präsentable Ausstellung“, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte.

Das Atrium, in dem sich die längst ausgestorbenen Fleisch- und Pflanzenfresser so dramatisch begegnen, bildet auch den Ausgangspunkt der Schau: Auf der einen Seite wird in schwarz gehaltener Ausstellungsarchitektur die Flora und Fauna jener Warmzeit vorgestellt, die vor 66 bis 2,6 Millionen Jahren auf der Erde herrschte.

Im Saalekreis wurde so mancher sensationelle paläontologische Fund gemacht

Unvorstellbare Jahrmillionen mit warmen, teils mediterranen Temperaturen, die dazu führten, dass auch im Bereich des heutigen Sachsen-Anhalt Pflanzen und Tiere heimisch waren, die man gewöhnlich nur aus den Tropen kennt. Das belegen Fossilien wie etwa die eines gewaltigen Krokodils, das vor rund 45 Millionen Jahren lebte und dessen Überreste ebenso im Geiseltal gefunden wurden wie die des berühmten Urpferdchens.

Das Gebiet um Merseburg, in dem lange Zeit Braunkohle abgebaut und so mancher sensationelle paläontologische Fund gemacht wurde, sei, so Meller, „ein Mekka für die Erforschung der Säugetier-Entwicklung“.

Wie sich die Erde vom Treibhaus zum Eishaus wandelte

Wie sich die Erde vom Treibhaus zum Eishaus wandelte, zeigt die gegenüberliegende Seite des Atriums, wo, durch weiße Ausstellungsarchitektur hervorgehoben, nachvollziehbar ist, wie sich das Leben in den letzten 2,6 Millionen Jahren entwickelte. Ein Zeitraum, der als Eiszeit gilt, in dem sich Warm- und Kaltzeiten jedoch abwechseln und sich Pflanzen und Tiere immer wieder auf die wechselnden Gegebenheiten einstellen müssen. Veränderungen, die zu bemerken das Leben eines Menschen zu kurz ist.

Dessen Erscheinen und das der Säugetiere - für die unter anderem eine Riesenhyäne exemplarisch steht - bildet den zweiten Themenkomplex. Als Klimafaktor kommt der Mensch erst spät ins Spiel - angesichts des auf den Ausstoß von Treibhausgasen zurückzuführenden Klimawandels in den letzten Jahrzehnten dafür umso bedrohlicher. Erdgeschichtlich haben Klimaveränderungen vor allem kosmische Ursachen, wie etwa die schwankende Sonnenaktivität, oder irdische Gründe, wie die Verschiebung der Kontinente oder Veränderungen der Meeresströmungen.

Urgeschichte ist ein junges Forschungsfeld

Dass die Urgeschichte ein junges Forschungsfeld ist, zeigen zwei Exponate, die Aufschluss darüber geben, wie unsere Altvorderen versuchten, sich ein Bild von urzeitlichen Kreaturen zu machen: Neben dem Skelett eines angeblichen Einhorns, das aus den Knochen vom Hirsch und dem Stoßzahn eines Narwals gepuzzelt wurde, ist auch ein dreiköpfiger Drache zu sehen, den man tatsächlich aus den Überresten von Höhlenbär und Rothirsch zusammensetzte.

Obwohl genaue Voraussagen schwierig sind, zeigen zuletzt zwei animierte Szenarien im Zeitraffer, welche Folgen es haben würde, wenn die globale Erwärmung in den nächsten 10.000 Jahren kontinuierlich zunimmt bzw. wie weit die Gletscher in den kommenden 23.000 Jahren bei anhaltender Eiszeit nach Mitteleuropa vorstoßen und auch das heutige Sachsen-Anhalt bedecken würden. Egal, welches Ereignis eintritt, es würde die Menschheit wohl vor kaum lösbare Probleme stellen.

››„Klimagewalten“: bis 21. Mai 2018, Di-Fr 9-17 Uhr, Sa/So und Feiertage 10-18 Uhr. Der Begleitband kostet 29,95 Euro. (mz)

Rekonstruktion einer Riesenhyäne
Rekonstruktion einer Riesenhyäne
dpa-Zentralbild