Kein Einknicken vor Corona Kein Einknicken vor Corona: Wo die Stadtwerke weiter investieren wollen
Halle (Saale) - Hätten die Stadtwerke ihre Jahresbilanz für 2019 im Februar dieses Jahres präsentiert, wären vermutlich die Sektkorken geflogen. Doch dann kam Corona und die Auswirkungen des Virus treffen natürlich auch den wichtigsten kommunalen Konzern der Stadt empfindlich - vor allem im öffentlichen Nahverkehr oder bei den Schwimmbädern.
Und so lautete die wichtigste Botschaft bei der Vorstellung der 2019er Zahlen am Dienstagabend, dass die Stadtwerke mit ihren Tochterfirmen in diesem Jahr keine Abstriche bei den Investitionen machen wollen. „Wir beobachten die Auswirkungen der Corona-Krise genau, halten aber an unseren Investitionen im Gesamtvolumen von 120 Millionen Euro fest. Auch nach Corona dreht sich die Welt weiter“, sagte Stadtwerke-Chef Matthias Lux.
Modernisierung des Energieparks in der Dieselstraße
Dabei setzen die Stadtwerke konsequent ihren eingeschlagenen Kurs fort, der sich hauptsächlich um Nachhaltigkeit dreht. So geht beispielsweise die Modernisierung des Energieparks in der Dieselstraße weiter. Die Strom- und Fernwärmeerzeugung soll nicht nur effizienter werden, sondern durch die Nutzung erneuerbarer Energien auch Kohlendioxid einsparen. „Die Stadtwerke leisten einen wichtigen Beitrag im Klimaschutzkonzept der Stadt“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos).
Dazu zählen auch die Investitionen im Stadtbahnprogramm - in diesem Jahr sollen die Bauarbeiten im mittleren Abschnitt der Merseburger Straße weitergehen und in der Frohen Zukunft (zunächst ohne Endhaltestelle, die neu geplant wird) beginnen. Auch werden die Pläne weiterverfolgt, die Buslinie 21 ab 2022 mit drei Elektrobussen zu bestreiten.
Inbetriebnahme des fünften Belebungsbeckens in der Kläranlage Lettin
Apropos Umwelt: Die Stadtwerke-Tochter HWS will noch stärker daran arbeiten, den Nitrateintrag in Gewässer wie die Saale weiter zu senken. Mit der Inbetriebnahme des fünften Belebungsbeckens in der Kläranlage Lettin sei es gelungen, die Reinigung der Abwässer weiter zu verbessern. Aber auch auf der Trinkwasserseite tut sich etwas: Die Stadtwerke wollen im Stadtgebiet etwa 28.000 Wasserzähler an den jeweiligen Grundstücken schrittweise durch Technik ersetzen, die sich über Funk auslesen lässt. Lux sieht darin mehrere Vorteile.
„Wir können den Ableseaufwand minimieren, Ablesefehler vermeiden und auch schneller Rohrschäden im Netz lokalisieren.“ Derzeit seien in Halle bereits etwa 9.400 Funkzähler im Einsatz. 2024 soll die komplette Umrüstung abgeschlossen sein.
Live-Daten über die Position von Bussen und Straßenbahnen
Das ist nur ein Beispiel für die Digitaloffensive der Stadtwerke, die vor keinem Bereich Halt macht. So hatte die App „Mein Halle“ mit den Live-Daten über die Position von Bussen und Straßenbahnen im vergangenen Jahr rund eine Million Zugriffe. Und mit dem neuen Leitstand für die Müllentsorgung wollen die Stadtwerke in diesem Jahr 1.000 Kilometer Fahrstrecke einsparen, weil die Müllfahrzeuge in Echtzeit dirigiert werden und Routen bei Staus sofort neu geplant werden können.
Umsatz gesteigert
Die Stadtwerke haben ihren Konzernumsatz von 615,3 Millionen Euro in 2018 auf nunmehr 624,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr gesteigert. „Dieses Ergebnis ist gelungen, obwohl die Rahmenbedingungen nicht einfach waren“, sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos). Der städtische Konzern beschäftigt in seinen Tochterfirmen etwa 2.900 Mitarbeiter und gehört damit zu den größten Arbeitgebern der Stadt.
Der öffentliche Nahverkehr, abgesichert durch die Havag, zählt zu den wichtigsten Aufgaben des Unternehmens. 2019 wurden in den Straßenbahnen und Bussen 56,7 Millionen Beförderungsfälle gezählt, 1,6 Millionen mehr als 2018. Seit 2014 (51,8 Millionen) sind die Fahrgastzahlen gestiegen. 2020 dürfte der Aufschwung durch Corona gebremst werden. So sind die Beförderungen ab März eingebrochen. Statt über 200.000 Passagiere nutzten nur noch etwa 60.000 Personen täglich den ÖPNV. Aktuell erholen sich die Zahlen zwar, liegen mit 150.000 Nutzern pro Tag aber noch immer deutlich unter dem üblichen Niveau.
Bei der regenerativen Stromerzeugung betreiben die Stadtwerke zahlreiche Anlagen auch außerhalb des Stadtgebiets. Ihre Leistung würde ausreichen, den Bedarf von 60.000 Haushalten abzudecken. Die Energiewende gelinge dank der Energieinitiative Halle immer besser - 26 Akteure arbeiten zusammen. (mz)