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Stadt hat keine Bedenken Juristische Bedenken: Sind Saalegärten in Halle zu groß?

MitBürger & Die Partei-Fraktion hat juristische Bedenken beim Neubauprojekt am Böllberger Weg. Die Stadt teilt die Vorbehalte nicht.

Von Jonas Nayda Aktualisiert: 25.10.2021, 11:01
Der Abriss des Sportparadieses am Böllberger Weg ist bereits weit vorangeschritten. Die Debatten, wie dort gebaut werden soll, gehen weiter.
Der Abriss des Sportparadieses am Böllberger Weg ist bereits weit vorangeschritten. Die Debatten, wie dort gebaut werden soll, gehen weiter. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale) /MZ - Das große Stadtentwicklungsprojekt „Saalegärten“ auf dem Gelände des ehemaligen Sportparadieses am Böllberger Weg sorgt für Diskussionen. Die Fraktion MitBürger & Die Partei äußert juristische Bedenken zur Größe der geplanten Neubauten. Mit einem Antrag wollen die sechs Räte nun in das laufende Planungsverfahren eingreifen. Die Stadtverwaltung stellt sich auf die Seite des Investors, das Ausmaß der Pläne sei allen bekannt gewesen. Rund 150 Millionen Euro sind insgesamt für das Neubaugebiet veranschlagt.

MitBürger & Die Partei sind nicht die ersten, die das Großprojekt in Halles Süden kritisieren. Im Rat und in der Stadtbevölkerung hatte sich von Anfang an Widerstand gegen die Dimension der „Saalegärten“ geregt. Bevor der Stadtrat im Februar den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan mit großer Mehrheit verabschiedete, hatten die Grünen versucht, den geplanten elfgeschossigen Turm und einige andere hohe Gebäude aus den Plänen zu streichen. Die Festlegung, das mehr als drei Hektar große Areal explizit als „Urbanes Gebiet“ und nicht als „Wohngebiet“ zu bezeichnen, macht ein Hochhaus aber nach wie vor möglich. An diesem Punkt setzt die Fraktion MitBürger & Die Partei jetzt an.

Ausblick auf die „Saalegärten“, die im Süden der Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Sportparadieses entstehen sollen.
Ausblick auf die „Saalegärten“, die im Süden der Stadt auf dem Gelände des ehemaligen Sportparadieses entstehen sollen.
Visualisierung: Däschler Architekten

MitBürger & Die Partei: In Halle herrscht Wohnungsknappheit

Der Bundestag hatte die Kategorie „Urbanes Gebiet“ im Jahr 2017 im Baurecht eingeführt, um mehr Wohnraum in Innenstädten schaffen zu können, in denen eine große Nachfrage herrscht und die bereits sehr dicht bebaut sind. Die Einstufung als „Urbanes Gebiet“, vom Stadtrat mit dem Aufstellungsbeschluss gebilligt, ermöglicht deutlich mehr Stockwerke, eine dichtere Bebauung und tagsüber einen höheren Lärmpegel als in einem allgemeinen Wohngebiet.

Aus Sicht von MitBürger & Die Partei bestehe in Halle jedoch keine Wohnungsknappheit, und am Saaleufer müsse auch nicht besonders dicht gebaut werden. Das „Urbane Gebiet“ sei demnach juristisch angreifbar. „Wir halten es für rechtlich fragwürdig, wenn hier ein Instrument, das zur Nachverdichtung und zur Bekämpfung der Wohnungsknappheit eingeführt wurde, genutzt wird, um aus einem Standort den maximal möglichen Gewinn rauszuholen“, sagt MitBürger-Rätin Yvonne Winkler. Ein elfgeschossiger Turm und die insgesamt rund 49.000 Quadratmeter Wohn- und Gewerbeflächen, die auf dem Areal nahe der Hafenbahnbrücke entstehen sollen, seien zu viel. Das Risiko, dass es später während der Bauphase zu Klageverfahren oder gar zum Abbruch des Vorhabens kommen könnte, ist MitBürger & Die Partei „zu hoch“. Deshalb solle anstelle eines „Urbanen Gebietes“ ein „allgemeines Wohngebiet“ in den Plänen festgesetzt werden. Das würde zu kleinteiliger Bebauung mit niedrigeren Häusern und mehr Raum für Grün führen.

„Kraftvolles architektonisches Zeichen setzen“

Für den Saalegärten-Investor würden kleinere Neubauten allerdings geringere Mieteinnahmen bedeuten. Er hatte sich in der Vergangenheit schon mehrfach dagegen gewehrt, die Pläne zu kürzen. Auf MZ-Anfrage wollte sich das Unternehmen mit Blick auf das laufende Bebauungsplanverfahren nicht äußern. Die Stadtverwaltung teilt die rechtlichen Bedenken nicht. Es sei das Ziel gewesen, ein „kraftvolles architektonisches Zeichen zu setzen“.

Mit der Festlegung eines „Urbanen Gebietes“ und den damit einhergehenden Regelungen sei das möglich. Zudem habe allen Stadträten klar gewesen sein müssen, was mit dem Aufstellungsbeschluss im Februar in Gang gesetzt worden sei. Die Verwaltung will nach MZ-Informationen prüfen, ob der Antrag von MitBürger & Die Partei zum jetzigen Zeitpunkt des Planverfahrens überhaupt zulässig ist.