Jubiläum in Halle Jubiläum in Halle : Kunstverein "Talstraße" wird 25

Für Matthias Rataiczyk ist das Jahr 2016 ein ganz besonderes. Im August ist es 25 Jahre her, dass er und zehn weitere hallesche Künstler - allesamt Absolventen der Kunsthochschule Burg Giebichenstein - den Kunstverein „Talstrasse“ gründeten. Seitdem ist Rataiczyk auch Vorsitzender. „Ursprünglich war der Verein angetreten, um gemeinsam aktiv zu werden. Die Situation war 1991, also kurz nach der Wende, von Neugierde auf bildende Kunst geprägt, über Stadt- und Ländergrenzen hinweg“, blickt der heute 55-Jährige zurück.
In den alten Bundesländern sei man neugierig auf die Kunst aus dem Osten gewesen. So habe der Verein etliche Ausstellungen in ganz Deutschland unter anderem in Frankfurt, Dortmund, Bremen und Worpswede kuratiert.
Kunst in der Talstraße
Eine dieser Worpswede-Ausstellungen wurde dann auch in der Talstraße 23 gezeigt, dem Elternhaus von Matthias Rataiczyk, in dem er und seine Eltern, die beiden Künstler Rosemarie und Werner Rataiczyk, noch heute wohnen. Dort waren durch den Umbau im Erdgeschoss Räume frei. Damit war die Ausstellungstätigkeit in der Talstraße geboren. Von der Künstlerinitiative wurde der Verein zum klassischen Kunstverein, denn in die neuen Räume wurden immer wieder auch Gäste eingeladen. „Heute haben wir 380 Mitglieder“, freut sich Rataiczyk. Davon seien allerdings die wenigsten selbst Künstler.
Im Moment stehen beim Kunstvereinschef alle Aktionen ganz im Zeichen des Vereinsjubiläums, denn 2016 ist für den Verein ein Jahr mit einer ganzen Reihe wichtiger Projekte, die mit unterschiedlichsten Partnern umgesetzt werden sollen. Ganz besonders könnten sich die halleschen Kunstfreunde Ende April auf eine Ausstellung mit 90 Kunstwerken Rudolf Schlichters freuen, die den Untertitel „Eros und Apokalypse“ trägt.
Auch die Schau, die dem Meister der französischen Moderne Jean Lurçat gewidmet ist und ab Mitte August in der Talstraße zu sehen ist, wird ein ganz besonderer Höhepunkt.
Unter dem Webstuhl aufgewachsen
Der engagierte Kunstvereinschef, der selbst an der Burg Giebichenstein Bildteppichgestaltung bei Inge Götze studiert hat, und seine um ein Jahr jüngere Schwester Marcella sind regelrecht „unterm Webstuhl aufgewachsen“. Seine Eltern, Rosemarie und Werner Rataiczyk, hatten eine eigene Bildwirkerei aufgebaut. Zwischen 1955 und 1999 entstanden dort über 50 teils großformatige Gobelins.
In sein eigenes Atelier, das gleich neben den Ausstellungsräumen des Kunstvereins liegt, kommt Matthias Rataiczyk im Moment nur wenig. „Klar, ich muss auch selbst Kunst machen“, sagt er. Es gebe keine Entscheidung entweder das eine oder das andere. Beides, Kunstverein und eigene künstlerische Tätigkeit, seien für ihn stets wichtig gewesen.
Die räumliche Nähe von Galerie und Atelier sei da hilfreich, „Ich kann durchaus mal einen halben Tag ins Atelier, wenn jemand anruft betreffs der Vorbereitung einer Ausstellung etwa, kann ich ja schnell wieder umschalten“, meint er. Besonders seien die Aufgaben mit dem Anbau an die Galerie gewachsen. Der Anbau wurde vor gut eineinhalb Jahren eröffnet.
Neubau in Kröllwitz
„Das Konstrukt der Ausstellungen war immer mehr ins museale gegangen, viele logistische Sachen nicht mehr zu bewältigen, weil die Besucherzahlen immer größer wurden. Es musste einfach etwas anderes kommen“, erzählt Rataiczyk. Deshalb habe der Verein nach längerem Abwägen den Neubau in Angriff genommen. „Viele hätten gesagt, was wollt ihr denn das in Kröllwitz machen. Doch es habe sich gezeigt, dass die Entscheidung, die Räume in der Talstraße zu erweitern, richtig gewesen ist“, so der Kunstvereinschef.
Der Zuspruch der Besucher beweise das. Allerdings sei der Arbeitsaufwand jetzt auch für den Vereinschef und die Kunstwissenschaftlerin des Kunstvereins „Talstrasse“, Christin Müller-Wenzel, ein sehr viel höherer. Mehr Langfristigkeit und eine andere Struktur der Organisation seien notwendig.
Durch die verstärkte Zusammenarbeit mit Partnern wie Museen, Sammlungen, Archiven, aber auch mit Stadt und Land sei ein größerer Vorlauf notwendig. (mz)