In Halle kocht schon die halbe Welt
Halle/MZ. - Es ist keine Übertreibung: In Halle und für die Hallenser kocht die halbe Welt. Und das laut Gastronomie-Experte Hans Jürgen Höllriegel "ausgezeichnet". Als Fachbuchautor, Mitglied im Köche-Verband und Ausbildungsleiter im "Hotel am Steintor" hat er weitgehend den Überblick über die so vielgestaltige hiesige Gastlichkeit. Die sei alles in allem "ein gutes Beispiel für gelungene Integration von Ausländern", meint Höllriegel.
Zudem hätten die zum Teil überraschenden nationalen Allianzen in den Küchen maßgeblich dazu beigetragen, das einstige Einerlei der Beköstigung im Gastgewerbe zu überwinden. Hier ein paar Beispiele dafür, wer in Halle mit wem kocht: Im "Rossini", dem Italiener am Markt, bereiten unter der Regie des Deutsch-Libanesen Gharib Reslan unter anderem ein sizilianischer Koch, ein italienischer Pizzabäcker, ein libanesischer und ein deutscher Koch die Speisen zu.
Ebenso international zu geht es gleich um die Ecke, in der Barfüßerstraße am Herd von Halles traditionsreichstem griechischen Restaurant "Delphi". Zwei Syrer und ein Iraker sorgen unter Leitung des Griechen Dimitri Zourlantonis dafür, dass sich die Hallenser beim Tafeln fast wie die Götter des Olymp fühlen dürfen.
Grenzüberschreitend wird auch im "House of India" (Große Ulrichstraße 16) zusammengearbeitet. Obgleich Indien ja selbst schon als Subkontinent gilt, hat Restaurantbetreiber Manmohan Singh Sandhu sein Küchenteam mit einem Koch aus Sri Lanka verstärkt. Und auch im "Shanghai" (Leipziger Straße 15) lässt der Inhaber Ho Tang Kha nicht nur Köche aus einer der größten Städte der Welt den Reis zubereiten. Auch Südchinesen und Mitarbeiter, die aus anderen Ecken des Riesenreichs stammen, führen die Hallenser kulinarisch durch das alte und neue China.
Um ganz andere Traditionen kümmert sich dagegen der Vietnamese Vu Van Quyet. Während etliche seiner in der Gastronomie beschäftigten Landsleute bei der Popularisierung der chinesischen Küche mithelfen, ist Herr Vu Chef des halleschen Spezialitätenrestaurants "Bechershof" in der Schmeerstraße. Und hier wird unter fernöstlicher Regie ausschließlich deutsch gekocht - und zwar hauptsächlich von deutschen Köchen. "Wir sind sehr glücklich, dass er sich gerade um die Halloren-Spezialitäten kümmert", sagt Bernd Bieler von der Salzwirkerbruderschaft.
Bieler, ein langjähriger Freund von Vu, hat als Ratgeber maßgebend dazu beigetragen, dass Schlackwurst, Soleier sowie Bier und Schnaps nach alten Hallorenrezepten nun dank vietnamesischer Initiative in einem halleschen Lokal zu haben sind.
Bleibt die Frage, was Halle jetzt noch fehlt an der multikulturell-kulinarischen Glückseligkeit: Da muss selbst Gastronomie-Experte Höllriegel kurz überlegen. Allenfalls noch ein Franzose, antwortet er schließlich. Aber wie wir nun wissen, müsste es in Halle ja gar nicht unbedingt ein französischer Franzose sein.