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Mehr als Erinnerung Im Sinne des „edlen Kanzlers“: Domgemeinde in Halle hat Große vor

Anlässlich des 400. Geburtstags von Gottfried von Jena will die Domgemeinde nicht nur an ihn erinnern, sondern selbst Bedürftige unterstützen.

Von Claudia Crodel 14.07.2024, 14:00
Pfarrerin Jutta Noetzel erklärt, dass die Grünfärbung am Grabmal von Gottfried von Jena auf eine durch Salze verursachte Schädigung zurückgeht.
Pfarrerin Jutta Noetzel erklärt, dass die Grünfärbung am Grabmal von Gottfried von Jena auf eine durch Salze verursachte Schädigung zurückgeht. Foto: Claudia Crodel

Halle (Saale)/MZ - Am Dom zu Halle befindet sich ein Grabmal. Es erinnert an den deutschen Diplomaten und preußischen Politiker Gottfried von Jena. „Als ich an einem Sommertag des vergangenen Jahres vor dem Grabmal stand, fiel mir auf, dass Gottfried von Jena im Jahr 1624 geboren wurde, genau gesagt am 20. November“, erzählt Jutta Noetzel, Pfarrerin der im Dom beheimateten evangelisch reformierten Kirchgemeinde. „Das ist ja 400 Jahre her. Da müssen wir unbedingt etwas machen, war mein erster Gedanke“, erinnert sie sich.

Nun, fast ein Jahr später, steckt die Domgemeinde in der intensiven Vorbereitung für das Jubiläum. Sie hat ein Projekt mit mehreren Facetten entwickelt.

Zum einen wird ein historischer Blick auf Gottfried von Jena geworfen, der – als 1680 das Erzbistum Magdeburg mit der Stadt Halle an Brandenburg überging – zum Kanzler der kurfürstlichen Regierung für das neu erworbene Territorium berufen wurde. Zehn Jahre später verlagerte er auch seinen Wohnsitz nach Halle. „Da der Kurfürst ein Reformierter war, war auch sein Kanzler einer. Gottfried von Jena hat die reformierte Gemeinde in Halle sehr freigiebig unterstützt“, berichtet Jutta Noetzel.

Hilfe für kranke und verwahrloste Kinder

Und nicht nur der Kirchengemeinde hat er Gutes getan: So gehe die Einrichtung des „Hospitals zur christlichen Liebe“, in der heutigen Geiststraße 26 gelegen, auf ihn zurück, in dem kranke und verwahrloste Kinder betreut wurden. Kurz vor seinem Tod im Jahr 1703, verfügte von Jena darüber, dass sein Wohnhaus in der Rathausstraße 15 zu einem Stift für alleinstehende adlige Damen werden sollte, das Jena'sche Stift, auch Jenastift genannt. Er stellte dafür ein Vermögen von 60.000 Talern zur Verfügung.

2003, anlässlich des 300. Todestages des „edlen Kanzlers“, wie man ihn später auch nannte, gab es schon einmal vom damaligen Pfarrer der reformierten Domgemeinde, Martin Filitz, und der Stadt eine Erinnerung an von Jena. Auch ein Faltblatt „300 Jahre Jenastift“ war herausgegeben worden.

Im Hinterhof der heutigen Geiststraße Nr. 26 soll sich einst das „Hospital zur christlichen Liebe“ für kranke und verwahrloste Kinder befunden haben.
Im Hinterhof der heutigen Geiststraße Nr. 26 soll sich einst das „Hospital zur christlichen Liebe“ für kranke und verwahrloste Kinder befunden haben.
Foto: Claudia Crodel

Der Historiker Justus Vesting arbeitet derzeit an einem Porträt des Kanzler aus den Archivquellen des Domarchivs. Seine Ergebnisse wird er im November der Öffentlichkeit vorstellen.

Restaurierung des Grabmals ist teuer

Die Domgemeinde hatte auch geplant, das Grabmal restaurieren zu lassen. „Doch aufgrund der Schädigung des Steins durch Salze kostet eine Restaurierung 100.000 Euro. Dafür einen Sponsor zu suchen, steht in keinem Verhältnis. Und das wäre ganz sicher auch nicht im Sinne von Jenas“, sagt Jutta Noetzel. Man wolle sich lieber mit einer besonderen Aktion diakonisch engagieren. „Mit einer Gabe, die Bedürftigen zukommt und damit ein Zeichen setzt, das an Gottfried von Jena erinnert.“

Die Pfarrerin nahm Verbindung zur Wärmestube der Stadtmission Halle auf. „Laden Sie doch unsere Gäste zu einem Essen ein“, so habe der Vorschlag von Wärmestubenleiter Heiko Wünsch gelautet. Diese Idee hat Jutta Noetzel sehr gefreut, denn die reformierte Gemeinde in Halle habe bis Mitte des 19. Jahrhunderts alljährlich eine Armenspeisung veranstaltet.

Das Portal zum einstigen Jenastift in der Rathausstraße 15 ist reich verziert.
Das Portal zum einstigen Jenastift in der Rathausstraße 15 ist reich verziert.
Foto: Claudia Crodel

Ob diese auf eine Idee des einstigen kurfürstlichen Kanzlers zurückging, ist nicht überliefert, sie entspreche aber auf jeden Fall einer Tradition der Domgemeinde. Einige Mitglieder der Kirchengemeinde haben sich schon als Helfer für dieses Essen gemeldet. Man hoffe auf weitere Menschen, egal ob sie Gemeindemitglieder sind oder nicht. Das Essen soll an von Jenas Geburtstag am 20. November stattfinden.

Lebensmittelspenden im Dom

Und man setzt weitere Ideen um: So bekommt die Wärmestube ein MZ-Jahresabo gespendet. Zudem wolle man helfen, das Lebensmitteldepot der Wärmestube wieder aufzufüllen. „Ich hatte auch schon an ein Crowdfunding dafür gedacht. Aber wir suchen noch jemanden, der das in die Hand nehmen würde“, sagt Jutta Noetzel.

Schon jetzt steht im Dom ein Korb zur Verfügung, in dem man eine (nicht leicht verderbliche) Lebensmittelspende legen und damit einen kleinen Beitrag leisten kann.