Hochschule für Kirchenmusik Hochschule für Kirchenmusik feiert Jubiläum: "In Frische die 100 erreichen"

Halle (Saale) - Die Geschichte der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik Halle beginnt in Aschersleben. Auch die ihres Rektors Wolfgang Kupke. Der wurde in der Stadt des Majorans geboren und begann 1970 an der Kirchenmusikschule in Halle sein Studium. Kupke, der der Einrichtung seit 15 Jahren vorsteht, ist 64 Jahre alt, die Kirchenmusikschule feiert in diesem Jahr ihr 90-jähriges Bestehen. Das nimmt man zum Anlass für mehrere Konzerte, die in der kommenden Woche stattfinden werden: Ein Höhepunkt ist die Aufführung des Oratoriums „Elias“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy am Montag um 19.30 Uhr in Halles Marktkirche.
Dass die Kirchenmusikschule durch das Magdeburger Konsistorium 1926 in Aschersleben gegründet wurde, hatte, sagt Kupke, sowohl einen bildungspolitischen als auch einen pragmatischen Grund. Einerseits wurde in der Weimarer Republik im Zuge der Trennung von Staat und Religion die Bildungslandschaft neu geordnet, andererseits habe der evangelischen Kirche die Immobilie eines Lehrerbildungsinstituts zur Verfügung gestanden, das seinen Unterrichtsbetrieb eingestellt hatte.
Umzug in die Saalestadt
Bis 1939 wurden hier zahlreiche Jahrgänge von Organisten und Kantoren für die Kirchenprovinz ausgebildet, ehe man sich, da es in Aschersleben bald an Platz und auch an Instrumenten fehlte, zum Umzug nach Halle entschloss.
Im einstigen Schlesischen Konvikt in der heutigen Emil-Abderhalden-Straße fand die Bildungsstätte – die 1993 vom Land Sachsen-Anhalt in den Rang einer Hochschule erhoben wurde – für Jahrzehnte eine Heimat. Seit 2001 hat sie ihr Domizil in einem ebenso praktischen wie ästhetisch ansprechenden Gebäude im Händel-Karree in der Kleinen Ulrichstraße 35.
Auch wenn Kupke das Studium der Kirchenmusik in Halle absolvierte, war es für ihn kein geradliniger Weg in das Rektoren-Amt. Seine Berufslaufbahn begann er als Organist und Kantor an der Stiftskirche im Harzstädtchen Gernrode, wo er acht Jahre tätig war: „Die Sommer waren wegen der vielen Konzerte anstrengend, die Winter ruhig, da konnte ich viel lesen.“ Es folgten 18 Jahre in gleicher Funktion an der St.-Blasii-Kirche im thüringischen Nordhausen. Von dort wechselte Kupke in die Saalestadt, wo er im Jahr 2000 das Rektorat und auch eine Professur für Dirigieren übernahm.
Obwohl das Dasein in den beiden deutschen Diktaturen vor und nach 1945 für die Ausbildungsstätte kein leichtes war, hat sie die widrigen Zeitläufte des 20. Jahrhunderts ohne größere Blessuren überstanden, sagt Kupke. Natürlich war in der Zeit des Nationalsozialismus Juden das Studium und die Lehre an der Kirchenmusikschule verboten und auch das Repertoire erheblich eingeschränkt. Es ist bekannt, dass die evangelische Kirche nach 1933 oft vorauseilenden Gehorsam bewies. Auch an der halleschen Kirchenmusikschule, wo etwa, wie Kupke erklärt, eine Kommission daran ging, in Kirchenliedern hebräische Wörter wie „Jehova“ und „Israel“ zu tilgen und durch deutsche Begriffe zu ersetzen.
„Zu DDR-Zeiten war die Kirchenmusikschule hingegen ein Institut, in dem die Studenten wie auf einer Insel lebten“, weiß Kupke aus eigener Erfahrung zu berichten. Da sie sich die Einrichtung in kirchlicher Trägerschaft befand, entfiel unter anderem die sogenannte „Rotlichtbestrahlung“, wie seinerzeit die politische Indoktrination umschrieben wurde, der sich Studenten der staatlichen Hochschulen der DDR in Form von Unterricht in Marxismus-Leninismus und politischer Ökonomie zu unterziehen hatten.
Von Kirchenmusikern will das Gerücht auch heutzutage wissen, dass sie nur schwer eine Stelle finden und, was den Verdienst betrifft, zeitlebens die viel zitierten „armen Kirchenmäuse“ bleiben. Beides kann Wolfgang Kupke entkräften: „Wer eine Stelle will, der bekommt auch eine“, sagt der Rektor. Und auch die Vergütung kann sich durchaus sehen lassen. Ein Master-Absolvent der Kirchenmusik könne, so Kupke, durchaus ein ähnlich gutes Gehalt beziehen wie ein Studienrat am Gymnasium.
Ist aber der Kirchenmusiker-Nachwuchs gesichert? „Allgemein erodiert das Musikverständnis im schulischen Unterricht, so dass es auch für uns schwieriger wird, geeignete Kandidaten zu finden“, sagt Kupke.
Neben Kirchen- auch Schulmusik
Derzeit studieren 70 Kommilitonen unter vorzüglichen Rahmenbedingungen in Bachelor- und Masterstudiengängen, von denen die meisten aus dem mitteldeutschen Raum, aber auch aus Ländern wie Japan, Ungarn, Südkorea und Finnland kommen. „Es ist bei uns bunter und internationaler geworden“, freut sich Kupke, der weiß, dass seine Einrichtung den gesellschaftlichen Erfordernissen entgegenkommen muss. So wird hier der deutschlandweit erste kombinierte Studiengang „Schul- und Kirchenmusik“ angeboten.
Und was wünscht der Rektor seiner Hochschule zum 90. Geburtstag? „Dass wir in Frische die 100 erreichen mögen“, antwortet Wolfgang Kupke ohne lange überlegen zu müssen und ergänzt, da er selbst im kommenden Jahr 65 wird: „Aber das ist dann schon die Sache meines Nachfolgers.“
Mehr zu den Festkonzerten unter: www.ehk-halle.de
(mz)
