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Hallescher Kunstverein Hallescher Kunstverein: Sichten auf die «Welt im Kopf»

Von Steffi Schültzke 29.07.2002, 19:20

Halle/MZ. - Neben der Pflege künstlerischer Traditionen in der Saalestadt eröffnet der Hallesche Kunstverein jedes Jahr auch jüngeren Künstlern die Möglichkeit, sich einem interessierten Publikum vorzustellen. Seit Sonntag präsentieren in diesem Rahmen Carsten und Susanne Theumer im Stadtmuseum Skulptur und Grafik.

Nun ist Carsten Theumer nicht mehr ganz unbekannt in Halle, denn der künstlerische Mitarbeiter von Burg-Professor Bernd Göbel ist seit einigen Jahren regelmäßig an lokalen und internationalen Ausstellungen beteiligt. Der Bildhauer zeigt Skulpturen aus Holz, Medaillen zu verschiedenen Themen sowie kleinere und größere Plastiken aus Bronze, die er oftmals mit anderen Materialien, wie Quarz oder Alabaster, kombiniert hat. Vorwiegend spielt der Hallenser mit zeitgenössischen Themen. Sein "Gauck-Leuchter" etwa stellt einen Aktenberg dar, aus dem zwei Missmutige kriechen und Licht auf ihre eigenen Stasi-Unterlagen halten. Eine Skulptur widmet er "Den Opfern des Krieges - Bosnien 1999".

Auch Susanne Theumer thematisiert mit ihren Grafiken politische Umbrüche, allerdings aus einem anderen Blickwinkel. Die Frau von Carsten Theumer hat erst in diesem Jahr ihr Diplom an der hiesigen Kunsthochschule abgelegt, dennoch sind ihre Arbeiten schon mehrfach ausgestellt worden. Zwei Grafikmappen und zum Teil großformatige Kohlezeichnungen zu Texten von Elias Canetti gaben der Ausstellung ihren Namen.

"Welt im Kopf" sind komplexe Arbeiten, die weit mehr sind als Illustrationen zu philosophischer Literatur und deren Bezug tiefer im realen Leben zu finden ist, als der Titel vermuten lässt. Susanne Theumer hat zwischen 1997 und 1998 zeichnerisch den Abriss verschiedener Produktionsanlagen in Leuna dokumentiert.

Ein bis zwei Mal pro Woche ist sie in diesen zwei Jahren in das Werk gefahren, hat die Industrielandschaft in ihrer Veränderung porträtiert und ein ganz besonderes Verhältnis zu den Arbeitern aufgebaut, die ihr eigenes Werk abgerissen haben und "dabei auch einen Teil ihres Lebens", wie sie noch heute ergriffen sagt. Fast nebenbei hat sie damals angefangen, "Masse und Macht" zu lesen - das Buch, in dem Canetti eben jenes Verhältnis untersucht - und hat dabei viele Antworten auf ihre Fragen gefunden. Damals entstanden kraftvolle Darstellungen der Anlagen, die nüchterne Titel tragen wie "An der Raffinerie" und von denen einige Arbeiten ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.

In ihren jüngsten Grafiken beleben sich die Landschaften, oder sie werden selbst zu Teilen der Menschen, die Theumer darstellt. Die Industrieanlagen sind in den Köpfen oder strukturieren die Körper, sie prägen auch die Gesichtszüge vieler kleiner Porträts, die sie nach "Der Ohrenzeuge" - ebenfalls ein Titel von Canetti - geschaffen hat. Susanne Theumer zeigt Welten im und um den Menschen, die nachdenklich stimmen.

Die Schau ist noch bis zum 1. September in der Lerchenfeldstraße 14 zu sehen.