Bürgerprotest gegen Baumfällungen Hallenser wollen Linden vor der Säge retten
Mit einer Petition setzen sich hallesche Bürger für den Erhalt von Stadtbäumen ein, die Bauprojekten weichen sollen. Zu einem Treffen vor Ort kamen gut 100 Engagierte zusammen.

Halle (Saale)/MZ - - Viele sind schon da an diesem Samstagnachmittag, und immer mehr Menschen kommen hinzu und versammeln sich unter den Linden an der Großen Brauhausstraße. Einige sind mit Fahrrädern erschienen, zwei Paare haben ihre Hunde mitgebracht. Der Grund für das Treffen von Menschen aller Altersgruppen sind die Bäume selbst – oder besser deren mögliches Verschwinden in naher Zukunft.
Denn die stattlichen Linden sollen nach bisherigem Stand einem neuen Wohn- und Geschäftshaus auf dem innerstädtischen Areal weichen. Damit wollen sich immer mehr Menschen angesichts von Klimawandel und aufgeheizten Innenstädten nicht abfinden. Eine vor wenigen Tagen gestartete Petition zum Erhalt nicht nur dieser, sondern letztlich aller Stadtbäume haben bereits mehr als 1.000 Menschen unterzeichnet. Nun verleihen an diesem Nachmittag rund 100 Bürger mit ihrer Präsenz direkt vor Ort, aber auch mit ihrer Unterschrift ihrem Unmut, ja ihrer Ablehnung dieses Vorhabens Ausdruck.

„Über das Bauprojekt hier in der Großen Brauhausstraße ist vor zehn Jahren entschieden worden“, sagt Berit Ichite, die im Namen der Initiative Bürgerinnen für Bäume die Petition eingereicht hat. Heute gebe es eine völlig andere Situation, und so müsse die Entscheidung, die Linden für einen Neubau zu fällen, neu überdacht werden. Grünen-Politikerin Anne-Marleen Müller-Bahlke führt Klimadaten an, nach denen „schon kleine entsiegelte Flächen im Stadtgebiet das Klima merklich verbessern“. Angesichts des Klimawandels gelte nunmehr dringend „Baumschutz vor Bauschutz“ – bei allen Bauprojekten.
Auch Thomas Schied, Die-Partei-Mitglied, ist unter den Hallensern, die sich für den Erhalt von Halles Stadtbäumen einsetzen. Im Stadtrat, der mehrheitlich für das Bauprojekt und damit auch für die Fällung der Linden in der Großen Brauhausstraße gestimmt hat, gebe es auch etliche Stimmen für den Erhalt der Bäume. „Noch ist es nicht zu spät, da das Baugenehmigungsverfahren mehrere Stufen durchläuft“, so Schied.
„Jeder Baum ist wichtig“ – so die einhellige Meinung der Hallenser, die wenig später in Richtung ehemaliger Schorre ziehen. „Hier sollen 38 Bäume gefällt werden“, so Berit Ichite. Die Linden und Eichen sollen im Oktober einem neuen Pflegeheim weichen. „Wie wäre es, wenn in den leerstehenden Kaufhof eine Senioreneinrichtung einziehen würde?“, bringt Berit Ichite einen Vorschlag ein. Man müsse heute anders denken.

Ehe neu gebaut werde, sollte zunächst verfügbarer Leerstand genutzt werden, meint auch Schriftsteller Christoph Kuhn, der schon mehrfach auf Leerstand in Halle aufmerksam gemacht hat. Peter Kube, seit Jahrzehnten in der Ökologischen Arbeitsgruppe Halle aktiv, verweist indes auf neue Initiativen wie den Verband „Bauen im Bestand“, der bei Bauprojekten vorhandenes Stadtgrün mit einbeziehe. „Wir können es uns nicht mehr leisten, gesunde Bäume für noch mehr Beton abzuholzen“, so Kube. Auch Nicole Hermes vom BUND-Regionalverband ist unter den Teilnehmern, ebenso Autorin Margarethe Wein – sie hat ein Baum-Gedicht verfasst, das sie unter dem Beifall der Umstehenden vorträgt. Der nächste Treff ist für den 2. September, 15 Uhr, an den Linden in der Großen Brauhausstraße geplant.