Halle Halle: Wo wohnte Friedemann Bach?
Halle (Saale)/MZ. - Als Wilhelm Friedemann Bach 1746 als Organist an der Marktkirche zu Halle seine Stelle antritt, kommt er aus Dresden und ist 36 Jahre alt. Der älteste Sohn von Johann Sebastian Bach, geboren am 22. November 1710 in Weimar, hat in dieser Zeit zwar auch in der Großen Klausstraße 12 gewohnt. Doch obwohl den Hallensern das Friedemann-Bach-Haus seit langem gut bekannt ist, hat der bedeutendste Orgelvirtuose seiner Zeit die Räume des jetzigen Hauses tatsächlich nie bewohnt.
Laut bauhistorischer Recherchen wurde nämlich der der Gerbersaale zugewandte Teil des Bachschen Wohnhauses, das bereits 1551 erbaut wurde, in den Jahren 1833 / 34 für den Neubau eines Wohnhauses für den halleschen Kaufmann Gläser abgerissen. Heute ist dieser "Neubau" als Friedemann-Bach-Haus bekannt. Wilhelm Friedemann Bach, am 1. Juli 1784 in Berlin gestorben, war da allerdings schon fast 50 Jahre tot. "Ein Teil der Räume, in denen Friedemann Bach seinerzeit gewohnt hat, ist mit dem Abriss des vorderen Hauses verschwunden", sagt Johann Christian Fromme. "Im heute bekannten Friedemann-Bach-Haus kann der Komponist also nie gewohnt haben", so der Architekt, der für das Büro für Denkmalpflege und Bauforschung Maurizio Paul die Dokumentation für die von der HWG in Auftrag gegebene Sanierung erstellt hat.
Aus Anlass des 300. Geburtstages Wilhelm Friedemann Bachs soll das zu seiner Zeit "Clausbadstube" genannte Gebäude, das den Namen Friedemann-Bach-Haus genau genommen zu Unrecht trägt, saniert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Bei einem Gang durch das sonst verschlossene Haus, durch den Keller und die teilweise schon sanierten Räume im vorderen Haus wird deutlich, wie der Zahn der Zeit an der Substanz genagt hat - vor allem im hinteren Haus, das aus der Renaissance-Zeit stammt und in dem ein historisches Bohlenzimmer zu finden ist. "Schon möglich, dass sich hier Familie Bach am offenen Kamin gewärmt hat", so Fromme. Zu DDR-Zeiten mit Raufasertapete beklebte Wände und Fußbodenbeläge aus PVC im Innern des Gebäudes sprechen für sich. Allerdings hatte die DDR-Methode, das wertvolle Parkett mit Spanplatten abzudecken, offensichtlich auch ihr Gutes: Das schön gemaserte Parkett im bereits wieder hergestellten Konzertsaal, in dem vor wenigen Tagen ein Konzert zu Ehren Friedemann Bachs stattfand, ist kaum abgenutzt. Auch anderes ist noch recht gut erhalten: So haben Experten im älteren Haus wertvolle Wandmalereien freigelegt und dokumentiert, darunter das mit einem Ritterhelm versehene Wappen eines Adligen.
Nach Beendigung der Baumaßnahmen soll 2011 eine neue Dauerausstellung, die als "Generalprobe" bereits für zehn Tage zu den Händelfestspielen zu sehen war, mit Hörstationen, Originalmusikinstrumenten und Schautafeln über das Leben von Wilhelm Friedemann Bach und anderer bedeutender Komponisten der Musikstadt Halle eröffnet werden. Auch eine Broschüre soll herausgegeben werden. Die Gestaltung von Ausstellung und Buch liegt in den Händen des halleschen Grafikers Joachim Dimanski. Kommentar
Montag, 19.30 Uhr Konzert des Stadtsingechores in der Marktkirche