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Halle Halle: Tischler peppen mit Trick alte Ladenfassade auf

Von HEIDI POHLE 06.03.2011, 18:21

Halle (Saale)/MZ. - So jedenfalls hat es der Besitzer des Hauses Rannische Straße 3 / Ecke Sternstraße in Halles Innenstadt Ende des 19. Jahrhunderts gemacht, als er die Ladenfront aufpeppen wollte. Die flachen Wandpfeiler, Pilaster genannt, gaben den vier Schaufenstern Jahrzehnte lang einen gediegenen Rahmen, machten etwas her. Ohne dass jemand merkte, dass sie "nur" aus Holz waren, so kunstvoll und täuschend echt sahen die Stein-Imitate aus.

Und die werden bei der umfassenden Sanierung des Hauses nun originalgetreu wieder hergestellt. Zumindest, so gut es geht, sagt Johannes Spengler, der als freiberuflicher Denkmalpfleger die Arbeiten begleitet. Er ist froh, im Stadtarchiv eine alte Aufnahme gefunden zu haben. Denn zu DDR-Zeiten sind die Einfassungen einfach abgeschlagen worden. So mussten die Wandpfeiler, die es heutzutage nur noch sehr selten gibt, nach dem leicht unscharfen Foto angefertigt werden.

Wie Robert Günther, Geschäftsführer der halleschen Tischlerei Hausberger, erzählt, bestehen die etwa drei Meter hohen Pilaster aus dünnen Holzplatten, die miteinander verleimt und mit mehreren Anstrichen versehen werden. Man muss schon ziemlich nah herangehen, um das Stein-Imitat als solches erkennen zu können. Als krönenden Abschluss erhalten die Schaufenster demnächst noch eine Art kleines Dach.

Dann präsentiert sich das Haus, um 1700 erbaut, das jetzt einem Geschäftsmann aus Münster gehört, wieder in alter Schönheit. Wobei die Sanierung nicht ganz einfach war - bei den Arbeiten wurde die Wand eines etwa 800 Jahre alten Wohnturms freigelegt. Das zirka zehn Meter hohe und 80 Zentimeter dicke Gemäuer war noch bestens erhalten und ist nun wieder sichtbar. Und auch das Portal aus dem 18. Jahrhundert samt Wappenstein ist an seinen angestammten Platz zurückgekehrt. Dieses wertvolle Zeugnis früherer Handwerkskunst war zu DDR-Zeiten ebenfalls abgeschlagen worden, konnte damals aber dank umsichtiger Denkmalschützer eingelagert werden.

All das - der Wohnturm, das Portal und die Pilaster - machen das Haus zu einem der wohl bauhistorisch interessantesten der Stadt. Wobei sich gleich nebenan, in der Nummer 5, noch ein weiteres seltenes Kleinod befindet - eine Bohlenstube, eine von insgesamt neun, die es in Halle noch gibt. Der kleine Raum, parterre gelegen, ist vollständig mit Holz verkleidet. "Etliche der dunkelbraunen Bohlen waren bereits verfault, die Stirnwand fehlte fast völlig", erzählt Spengler. Zum Glück konnten die Sanierer auf original "Ersatzteile" zurückgreifen, um das Zimmer, das 1578 entstand, wiederherzustellen. "Teile der Bohlenstube aus dem Moritzkirchhof (zwischen Kirche und altem Polizeipräsidium) lagerten noch in der Saline", so Spengler. Und die wurden eingearbeitet. Die Holzdecke jedoch ist neu. "Vorbild war die Decke der Bohlenstube aus dem Bach-Haus am Hallorenring / Ecke Große Klausstraße", sagt Spengler.

Von der Bohlenstube führen ein paar Stufen hinunter zu einem tonnenartigen Gewölbe, das auch schon halb verfallen war. Nur noch ein kleiner Teil konnte deshalb original erhalten werden. "Die Bohlenstube und das Gewölbe würden sich gut als Weinhandlung eignen", sagt Architekt Günter Gernhold, der die Sanierung mehrerer Häuser sowie einen Neubau in der Rannischen Straße betreut. Die Läden in der Nummer 3, dem Eckhaus, seien dagegen bereits vermietet: In dem einen wird in wenigen Wochen Bekleidung und Kosmetik verkauft, und in den anderen zieht ein Gesundheitsstudio ein.