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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Vater war der Lehrmeister

Von KORNELIA PRIVENAU 30.11.2010, 22:17

BRACHWITZ/MZ. - Sie waren neben den Höhlenmalereien von Chauvet vielleicht die ältesten Kunstwerke von Menschenhand. Korb- oder besser Flechtwaren aus der frühen Steinzeit haben Archäologen auf der ganzen Welt zahlreich ausgegraben und bestaunt wegen ihrer filigranen Gestaltung. In allen Epochen der Menschheitsgeschichte setzten sich Korbwaren durch - als Gebrauchsgegenstände und kunstvolle Statussymbole.

Die Kunst des Flechtens beherrscht Uwe Lohse wie kaum ein zweiter. Der Korbmachermeister aus dem Brachwitzer Ortsteil Friedrichsschwerz ist der Letzte seiner Zunft im nördlichen Saalekreis. Niemand bedauert das mehr als er selbst, endet mit ihm doch auch eine Familientradition, die mit Großvater Otto Hoyer 1926 begonnen hatte. "Und mein Lehrmeister war mein Vater", sagt Lohse nicht ohne Stolz. Die Meisterbriefe von Großvater, Vater und von Uwe Lohse selbst hängen in der Werkstatt - selbst kleine Kunstwerke ihrer Zeit und mit Sinnsprüchen für die Meister der Zunft versehen. Uwe Lohse kann noch einen besonderen Brief hinzufügen - 2009 wurde er als Altmeister ausgezeichnet.

Lohse kann sich keinen schöneren Beruf vorstellen. "Wenn man das Material in den Händen spürt, es in jene Form bringen kann, die man sich gerade ausgedacht hat, entwickelt sich eine besondere Zufriedenheit", sagt der Meister. Und so ist es auch verständlich, dass Lohse sein Meisterstück, einen Sessel, nie verkauft oder verschenkt hat. "Das gute Stück steht bei uns im Wohnzimmer", sagt er.

1960 hat Lohse seine Werkstatt aufgemacht. Nicht immer war die Arbeit leicht, erinnert er sich und meint vor allem Material-Probleme, denn Korbwaren aller Art waren auch hierzulande sehr beliebt. 1975 hat er einen Riesenkorb in acht Stunden angefertigt, der steht bis heute quasi als Zunftzeichen vor der Werkstatt und ist immer noch vollkommen in Ordnung.

Die Kinderwagenhersteller von Zekiwa in Zeitz hatten den kreativen Meister als Chef-Korbmacher angeheuert. Beinahe alle Kinderwagenmodelle, die Lohse entworfen hat, wurden exportiert. "Ich habe mich immer gefreut, mal einen meiner Kinderwagen auf unseren Straßen zu sehen", so Lohse.

Heute fertigt Lohse ohne Material-Not Modelle nach Kundenwünschen an. Neben der einheimischen Weide verarbeitet er Rattan, eine tropische Schlingpalme aus Malaysia. Sie ist ein nachwachsender Rohstoff. Anbau und Verarbeitung werden deshalb von Umweltverbänden gefördert, so der Meister. Lohse zeigt seine Arbeiten in der Weihnachtsausstellung auf dem Petersberg - immer an den Wochenenden beim Handwerkermarkt.