Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Lichtgestalt in schönem Grab
KABELSKETAL/MZ. - Ohne ihn gebe es keine Zuckerrübe. Ohne ihn wäre Osmünde ein Dorf wie viele andere. Dort arbeitete und lebte der Mann, der dem Kabelsketal im 19. Jahrhundert den Stempel aufdrückte. Ferdinand Knauers Grabmal jedoch verfiel über die Jahrzehnte, bis emsige Einwohner die Initiative ergriffen. Bis zum Ewigkeitssonntag, an dem überall der Toten gedacht wird, sollen die Arbeiten an der Erinnerungsstätte an Knauer und dessen tiefgläubige Ehefrau Clara beendet sein.
Zum ersten Mal seit langer Zeit soll am Sonntag, 15 Uhr, dort wieder ein Kranz niedergelegt werden. Es erklingt auch ein Lied. Und zwar genau dasselbe wie 1889 bei seiner Beerdigung - "Wer nun den lieben Gott lässt walten", so die erste Zeile. Nach dem Gottesdienst spricht ein Pfarrer am instand gesetzten Grab, das damit seine Segnung erhält, die Worte zum Gedenken. Regie führt der Gemeindekirchenrat, der sich auch für den kirchlichen Friedhof verantwortlich fühlt. Ob wie bei der Beerdigung mehr als 600 Menschen die Zeremonie verfolgen, ist ungewiss.
Dass Knauer gerade jetzt in den Blickpunkt rückt, scheint kein Zufall zu sein. Es liegt nicht nur am Verfall des Grabes. Ingolf Brömme vom Heimatverein "Osmünder Spritze", der das Vorhaben unterstützte, sagte: "Knauer ist in Osmünde eine Lichtgestalt." Mit dem Agrar-Unternehmer seien viele tatsächliche und vermeintliche Wohltaten verbunden gewesen. Anfangs stand der Name für eine weltweit beachtete Pflanzenzüchtung - die Zuckerrübe. Später expandierte der Betrieb mit der Kohleförderung in Gröbers. Zusätzlich machte Knauer sein Geld mit Schafzucht und Rosen. Auch politisch engagierte sich der Wirtschaftskapitän, so im Kreis- und Landtag.
Peter Dörheit, der sich im Förderverein um die Rettung der Osmünder Kirche einsetzt, ergänzte: "Knauer machte sich auch stark für eine bessere Schulbildung und eine bessere Bezahlung der Lehrer." Beispielhaft organisierte der Unternehmer außerdem eine Unfall- und Sozialversicherung für seine Arbeiter. Niedergelegt sind seine Erfahrungen in Knauers Buch "Die soziale Frage auf dem platten Lande". Dörheit: "Sogar der "eiserne Kanzler" Otto von Bismarck, auf den das deutsche Sozialversicherungssystem zurückgeht, holte sich bei ihm Rat."
Ein schönes Grab für Knauer ist für den Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates, Mathias Weiske, eine Selbstverständlichkeit. Schließlich liegt die letzte Ruhestätte auf einem kirchlichen Friedhof. Ihm zufolge begann der Verfall nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Nachfahren Knauers verließen damals die Gegend in Richtung Westen. Ein Lebenszeichen gab es erst kürzlich wieder. Eine Urenkelin spendierte dem historischen Friedhof einen Lindenbaum.
Noch vor einem Jahr sah es so aus: Eine Esche wuchs neben dem Grab in den Himmel. Der eiserne Baldachin brach auf einer Hälfte weg. Auch die Grabeinfassung aus Sandstein nahm Schaden. Eine repräsentative Eisenkette war verschwunden. Efeu überwucherte das Grab. Eine Riesenherausforderung - ihr stellte sich die in Osmünde bekannte "Ruheständler"-Brigade. Ehrenamtlich legten sich Achim Sander, Erhard Rust und Hans-Dieter Schmieder ins Zeug, um Ordnung zu schaffen, Schäden zu beseitigen und so der Grabstätte wieder zu einem würdigen Aussehen zu verhelfen.