Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Iris R. kommt wieder
WETTIN-LÖBEJÜN/MZ. - Fast scheint es, als würde im Rathaus von Wettin-Löbejün keine Ruhe einkehren wollen. Bürgermeisterin Antje Klecar (parteilos) steht im Dauerfeuer von Gegnern und Befürwortern eines großzügigen Grundschulneubaus im Ortsteil Löbejün. Hinzu kommt nun auch noch eine Nachricht, die vor allem für die restlichen Rathausmitarbeiter schwere Kost sein dürfte: Ihre ehemalige Personalchefin Iris R. - im Zusammenhang mit der Gehälteraffäre um den Löbejüner Ortsbürgermeister und Ex-Landtagsabgeordneten Thomas Madl (parteilos) zwei Mal fristlos gefeuert - darf an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Das hat das Landesarbeitsgericht nach einer Klage von Iris R. entschieden.
Mit der Entscheidung hat die Kammer ein Urteil des Arbeitsgerichtes in Halle vom Dezember 2010 bestätigt. Demnach sind die im Mai und im August 2010 ausgesprochenen Kündigungen unwirksam. "Das Arbeitsverhältnis besteht weiter", so der stellvertretende Sprecher des Landesarbeitsgerichts Reinhard Engshuber. Iris R. hatte ihrem Arbeitgeber, der damaligen Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis Nord mit Sitz in Löbejün, ihre zweite Stelle bei Madl verschwiegen. Der hatte sie als Mitarbeiterin in seinem Wahlkreisbüro angestellt und als Vollzeitkraft bezahlt. Als das aufflog, wurde Iris R. fristlos gekündigt. "Die Klage gegen diesen Rausschmiss ist berechtigt gewesen, weil der Personalrat nicht beteiligt war", so Engshuber.
Zwar hatte die damalige Verwaltungsgemeinschaft wegen dieses Fehlers die erste Kündigung zurückgenommen. Doch auf Druck eines Teils der Rathaus-Belegschaft wurde Iris R. nur Tage später erneut vor die Tür gesetzt. Etwa 25 Verwaltungsmitarbeiter hatten nach Dienstschluss mit einem Plakat in der Hand öffentlich protestiert. Die Zusammenarbeit sei unzumutbar gewesen, das Vertrauensverhältnis zur Personalchefin zerstört. Allerdings sahen das sowohl das Arbeitsgericht als auch die nächst höhere Landesinstanz anders. Engshuber: "Eine unzumutbare Situation ist nicht gegeben." Denn die einmalige Protestaktion deute längst nicht darauf hin, dass sich ein Großteil der Stadtangestellten von ihrer ehemaligen Personalchefin gestört fühlen würden. "Es war auch nicht darüber zu entscheiden, ob die Doppelbeschäftigung der Klägerin gegen ihre Verpflichtungen gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft verstoßen hat", erklärte Engshuber.
Damit aber nicht genug. Es kommt für die Stadt Wettin-Löbejün noch dicker: Denn die Richter entschieden auch noch, dass eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Rathaus und Iris R. unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfrist und gegen die Zahlung einer Abfindung nicht in Betracht kommt. Grund: Als ehemalige Personalratsvorsitzende, diesen Posten hatte R. von 2005 bis 2010 inne, genieße die Stadtangestellte einen besonderen Kündigungsschutz, so Engshuber.
Doch wie geht es nun weiter? Im Rathaus wartet man ab. Noch ist Iris R. nicht an ihren Schreibtisch zurückgekehrt. Unklar ist, ob, wann und wie das geschehen soll. "Wir warten jetzt darauf, dass uns das Urteil zugeschickt wird. Eine Zusammenarbeit ist aber kaum vorstellbar", sagte die derzeitige Personalratsvorsitzende Petra Heier. Einen weiteren Gerichtstermin wird es aber aller Voraussicht nach nicht geben. Das Landesarbeitsgericht hat eine Revision gegen das Urteil nicht zugelassen. Es ist somit rechtskräftig. Die Anwältin von Iris R., Jeannette Hoppe, erklärte am Freitag, dass ihre Mandantin durchaus vor hat, wieder ins Rathaus zurückzukehren. "Wir werden ihre Arbeitskraft anbieten."
Der Rechtsstreit ist inzwischen zu einer finanziellen Belastung für die hoch verschuldete Kommune geworden. Denn schon nach der ersten Schlappe am Arbeitsgericht musste die Stadt tief in die Tasche greifen. Die Arbeitsagentur hatte die kompletten Gelder zurückgefordert, die an Iris R., die derzeit von Hartz IV lebt, ausgezahlt worden sind. Außerdem musste die Verwaltung für die Prozess- und Anwaltskosten aufkommen. Alles in allem waren das mehr als 70 000 Euro. Eine Summe, die auch jetzt nach der Niederlage am Landesarbeitsgericht fällig werden dürfte.