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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Ein Mann schwimmt sich langsam frei

Von Michael Falgowski 02.03.2012, 18:35

Zscherben/MZ. - Hart hat er um sein "Seepferdchen", so heißt die Vor-Schwimmstufe für Kinder, gekämpft. Wie die Fünfjährigen um ihn herum, hat er zehn Wochen lang immer wieder den Kopf aus dem Wasser gereckt, während der Körper herabsinken wollte, mit den Beinen gerudert und die aufkommende Panik niedergekämpft. "Ich war vorher noch niemals im Wasser. Nun habe ich endlich die Chance ergriffen, schwimmen zu lernen. Das wollte ich schon immer mal nachholen."

Und er hat es geschafft: René - in Luxemburg duze man sich - hat sich freigeschwommen, im Schwimmbad des Hotels Zahn in Stedten bei Teutschenthal. Seit einigen Tagen erst zieht er seine kurzen Bahnen im kleinen Becken ohne "Puffs" an den Oberarmen. "Er braucht noch zwei, drei Wochen, dann kann er es", sagt Schwimmlehrer Wolfgang Grunewald. Mit ihm ist Boes genau an den Richtigen geraten. Grunewald hat in den vergangenen zehn Jahren sicher Tausenden Kindern beigebracht, oben zu bleiben. Der Service seiner Schwimmschule: "Ich hole die Kinder vom Kindergarten ab. Es waren schon 175 Kindergärten, das ist fast der komplette Saalekreis." Aber auch in Einrichtungen in Halle, Merseburg-Querfurt und Mansfeld-Südharz bietet der 59-jährige Sportlehrer seine Kurse an.

Dass lauter Vierjährige um ihn herum paddeln, das hat Boes anfangs gestört. Er fürchtete, eines der Kinder zu verletzen beim wilden Rudern. Das ist aber nicht passiert, und seine Angst hat er auch überwunden. Und das sei, sagt sein Trainer, schwierig gewesen: "Bei Erwachsenen sitzt die Angst vor dem Wasser viel tiefer." Der Luxemburger schwimmt nicht nur seine Bahnen im Hotel, sondern er wohnt übrigens seit Monaten auch dort. "Eigentlich wollte ich mir im vergangenen Herbst ein bisschen Europa ansehen. Aber ich bin nur bis Eisleben gekommen!" Boes fotografiert und ist im Internet bei diversen Fotocommunitys präsent. Dort habe er Kontakt gefunden zu einer Eisleberin, und die habe er auf der Durchreise besucht. Er ist geblieben, zunächst in Seeburg, später im Hotel in Stedten. Geldsorgen hat der pensionierte Lokführer, der wie fast alle Luxemburger deutsch spricht, offenbar nicht. Und Boes plant, dauerhaft zu bleiben, hat sich bereits nach einer Bleibe umgesehen, und kegelt schon im Verein. Er suche einfach noch einmal etwas Neues, eine Veränderung. "Ich habe mich in die Landschaft und die Menschen im Mansfelder Land verliebt." Und dieses Bekenntnis eines Luxemburgers ist noch erstaunlicher als seine Schwimmversuche.