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Halle/Saalekreis Halle/Saalekreis: Bunker hat ausgedient

Von HEIDI POHLE 18.10.2010, 16:16

Halle (Saale)/MZ. - Über 50 Jahre ist an der Helmut-Just- / Ecke Klopstockstraße Lüftungstechnik produziert worden. Nun hat sich die Firma Lütec aus der Frohen Zukunft verabschiedet - ins Gewerbegebiet Queis. Das rund 5 000 Quadratmeter große Grundstück gehört jetzt der Wohnungsgenossenschaft (WG) "Frohe Zukunft". Die WG will dort Mehrfamilien- und Reihenhäuser bauen.

Doch erst einmal muss die alte Produktionsstätte abgerissen werden. Und das ist nicht ganz einfach, befindet sie sich doch zum Teil in einem Bunker mit 1,40 Meter dicken Stahlbeton-Wänden. Der unterirdische Raum wurde in den 30er Jahren im Zusammenhang mit den Siebel-Flugzeugwerken gebaut und diente der Bevölkerung im Krieg als Zufluchtsort bei Bombenalarm. "Genauere Zahlen, Pläne und ähnliche Unterlagen haben wir nie gefunden", erzählt Jutta Altendorf, der die Firma Lütec gehört.

1959 begann die Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH), Lüftungstechnik zum Beispiel für die Industrie und den Wohnungsbau herzustellen. Nach und nach wurde der Standort erweitert, so dass bis zum Schluss auf drei Ebenen gearbeitet werden musste. "Unser Speisesaal diente zu DDR-Zeiten auch als Wohngebiets-Zentrum, Feste wie Einschulungen fanden ebenso statt wie Versammlungen der Nationalen Front", erinnert sich die Chefin, die 1975 als Planungs-Ingenieurin für Luft- und Klimatechnologie anfing.

Nach der Wende wurde der inzwischen volkseigene Betrieb reprivatisiert; vier einstige PGH-Mitglieder übernahmen die Firma, die Jutta Altendorf nun allein leitet.

Viel befindet sich nicht mehr in dem alten Bunker mit den gut ein Dutzend weiß getünchten Pfeilern in Doppelreihe; fast alles ist schon zum neuen Standort transportiert worden. Nur ein paar Utensilien liegen noch herum. Und die Original-"Normal-Uhr" ist längst stehen geblieben. Fast gespenstisch muten die Fenster-Attrappen im Bunker an: Milchglasscheiben, hinter denen Neonröhren brannten, sollten einst die Illusion von Tageslicht erzeugen.

Ein wenig Wehmut begleitet Jutta Altendorf trotz allem, wenn sie durch die Räume geht: "Es hängen doch viele Erinnerungen daran." Aber es hätte sich nicht gelohnt, den maroden Standort zu sanieren. In der neuen Halle in Queis können die 21 Angestellten effektiver arbeiten. "Und die Anwohner sind froh, dass wir wegziehen." Ein Metall verarbeitender Betrieb verursache nun mal Geräusche, ganz abgesehen von dem Lastwagenverkehr. Nach einem nicht ganz so gutem Vorjahr laufe der Betrieb wieder recht gut, so dass geplant sei, Mitarbeiter einzustellen. Doch Fachkräfte wie Konstruktions-Mechaniker und Feinblechner zu finden, sei gar nicht so einfach, erzählt Jutta Altendorf.

Mit dem Abriss des Bunkers soll noch in diesem Jahr begonnen werden. Wie Immobilienmakler Hansjörg Sika, der die Projekt-Idee für die Quartiersentwicklung hatte, sagte, übernehme das eine spezielle Abbruchfirma.