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Halle Halle: Hartmann-Villa wird Juwel

Von SILVIA ZÖLLER 03.08.2011, 18:42

Halle (Saale)/MZ. - Rund 550 Quadratmeter Fläche zum Leben und Wohnen für eine Familie - das würde heute als großspurig durchgehen. Aber 1931, als der Fabrikdirektor Martin Hartmann die Villa am Kirschbergweg 14 in Kröllwitz bauen ließ, da waren diese Maßstäbe durchaus im Rahmen. Heute sieht das anders aus - weshalb das Haus derzeit von der Leipziger Immobilienfirma Hansa Real Estate (HRE) denkmalgerecht saniert und in mehrere Wohnungen und Büros aufgeteilt wird. "Ende des Jahres sind die Bauarbeiten beendet. Alle Wohnungen sind bereits verkauft", so Julia Reif vom HRE-Marketing.

Nicht nur die Entwurfs-Ausführung des halleschen Architekten Steinkopff, die traditionelle Elemente mit Neuem Bauen und expressionistischer Ornamentik verbindet, und der riesige, fast 1 600 Quadratmeter große Garten machen die großbürgerliche Hartmann-Villa zu etwas Besonderem. Auch die Geschichte des Hauses - wenn auch nur in Bruchstücken überliefert - und der Familie Hartmann ist hochinteressant.

Die Ammendorfer Druckfarbenfabrik, die sich später zu einer der führenden Deutschlands entwickelte, wurde von Walter Hartmann und seinem Bruder Karl gegründet, so Akten des Stadtarchivs Halle. 1906 trat ein weiterer Bruder in die Firma ein, Erich Hartmann. Als jüngster Bruder stieß Martin Hartmann 1920 hinzu. Ab 1952 wurde das Werk zum VEB Druck- und Lederfarben Halle - heute steht das Gelände leer.

Wie reich die Brüder durch das Farbenwerk wurden, kann man an der Größe des Wohnhauses von Firmengründer Walter Hartmann sehen: Er ließ sich das Haus Neuwerk 1 errichten, heute Medienzentrum der Burg Giebichenstein.

Doch beide ereilte nach dem Kriegsende das gleiche Schicksal: Ihre Villen wurden von den Amerikanern beschlagnahmt. In Walter Hartmanns Villa zog Governor Frank W. Murphy mit 60 Offizieren ein und beließ dem Unternehmer die Chauffeurswohnung. Martin Hartmann erging es nicht viel anders. "Hiermit möchte ich Ihnen die Mitteilung machen, dass am 9. Mai 1945 mein Haus Kirschbergweg 14 von einem Offizier, ich glaube, es war der USA-Leutnant Gilbert vom Stabe des Governor Murphy, beschlagnahmt worden ist", schrieb er an den Oberbürgermeister der Stadt Halle.

Doch damit nicht genug: "Dadurch, dass in meinem Grundstück mit den schwersten Lastwagen gefahren wird, ferner dort ein Küchenbetrieb eingerichtet worden ist für die gesamten im Kirschbergweg liegenden Formationen von weit über 100 Mann, nimmt mein Haus großen Schaden", beklagt sich der Industrielle weiter beim Oberbürgermeister. Der Familie und den Flüchtlingen, die sie während des Krieges aufgenommen hatten, wurde das Haus Kirschbergweg 22 zugeteilt, so die Akten.

Schließlich listete Martin Hartmann in einem Schadensantrag auf, was die Amerikaner aus seinem Haus weggenommen hatten: fünf wertvolle Perserteppiche, einen Fotoapparat, ein Fernglas, Silberbesteck und teures Porzellan. Den Gesamtwert gibt er mit rund 15 000 Reichsmark an. Im Juli 1945 schließlich beschlagnahmten russische Truppen die Hälfte des Wohnhauses. Hartmann durfte ab diesem Zeitpunkt wieder die andere Hälfte bewohnen. Und ärgerte sich darüber, dass die Amerikaner offenbar noch viel mehr Gegenstände mitgenommen hatten. Doch auf einer langen Liste von Entschädigungszahlungen ist Hartmanns Name nicht zu finden. Aber die Villa hat die Zeit überdauert und wird nun bald in neuem Glanz leuchten.