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Gymnastik Gymnastik: Sechs Mädchen, ein Traum

Von Petra szag 26.09.2012, 20:55

Halle (Saale)/MZ. - Das klirrende Geräusch verheißt nichts Gutes. So klingt es, wenn in zehn Metern Höhe zwei Kunststoff-Reifen mit voller Wucht aufeinanderprallen. Weit entfernt von dem Punkt, wo die Gymnastinnen ihre Handgeräte wieder fangen sollen, purzeln sie zu Boden. Claudia Marx weiß sofort, was falsch gelaufen ist. "Die Arme und Schultern müssen im richtigen Winkel zur Wurfbahn sein", mahnt die Trainerin ihre Schützlinge an. Und beordert sie wieder in die Ausgangsposition. Das Ganze also noch einmal von vorn.

Schon unzählige Male haben die sechs Sportlerinnen dieses Risiko-Element geübt. Und sie werden weiter üben, so lange, bis sie es traumhaft sicher beherrschen. Wie die ganze Übung. Zwei Minuten und 30 Sekunden lang wollen sie als schwarze Schwäne zum Soundtrack des gleichnamigen Kinofilms Publikum wie Kampfrichter gleichermaßen für sich einnehmen.

In vier Wochen soll diese Übung der Tabea-Gruppe das Ticket nach Wien sichern. Ist sie beim nationalen Ausscheid am 21. Oktober in Berlin mit ihrer Reifenübung besser als die Konkurrenz von der RSG Rhein-Ruhr und Bremen, ist sie bei der Junioren-EM im April in Österreichs Hauptstadt dabei. Für die 13 und 14 Jahre alten Gymnastinnen ein Muss. "Deshalb bin ich nach Halle gekommen", sagt Laura Roge.

Die Kölnerin, gerade erst nach Halle gewechselt, hat schon viel Anerkennung auf anderem Gebiet geerntet, bei Kino- und Fernsehfilmen mitgespielt. Doch nun hat ihr Sport absolute Priorität. Dafür hat sie sogar in den Sommerferien ihr Elternhaus verlassen, wohnt nun in Halle im Internat und lernt an der Sportschule. Zweimal vormittags und dazu immer an den Nachmittagen ist sie in der Neustädter Gymnastikhalle - gemeinsam mit den fünf anderen.

Zwischen ihnen gibt es einige Parallelen. Einzig Katja Luschek kommt Halle. Nicole Bergmann fand 2008 den Weg von Potsdam nach Halle, Marlene Kriebel folgte im Februar 2012 aus Dahn in der Pfalz. Und im August stießen neben Laura Roge noch die Berlinerin Pia Block und Krisztina Gröb aus Kiel zur Gruppe. "Das sind alles Mädels, die bei den letzten deutschen Meisterschaften vorn dabei waren", erzählt Claudia Marx stolz. Damit hat sie - bis auf eine Ausnahme - die Besten diesen Altersklasse bundesweit in ihrer Gruppe vereint. Einige seien mit ihren Eltern selbst auf sie zugekommen, andere hätten auf ihre Ausschreibung über Fachorgane des Turnerbundes reagiert, berichtet die Trainerin. Nach einem Probetraining schritt man zur Tat. Und arbeitet seitdem akribisch zusammen. Sie waren auch schon gemeinsam in Trainingscamps auf Usedom und in Kienbaum.

Keine Frage, der Bundesstützpunkt der Rhythmischen Sportgymnastik für Nachwuchs in Halle rüstet auf. Und das aus gutem Grund. Mit der Konzentration der hoffnungsvollsten Talente in einer Trainings- und Wettkampfgruppe wollen Claudia Marx und ihre Mitstreiter Argumente gegen die drohende Herabstufung der Sportart liefern. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte nach dem schwachen Olympia-Abschneiden von Sachsen-Anhalts Athleten angekündigt, eine Reduzierung der besonders geförderten Schwerpunkt-Sportarten vornehmen zu wollen. In London waren deutsche Gymnastinnen nicht vertreten.

Es bedarf also dringend eines Erfolges. Nur Spitzenplätze auf nationaler und internationaler Ebene zählen.