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Graffiti gegen Graffiti Graffiti gegen Graffiti: Ein Hallenser ergreift ganz besondere Gegenmaßnahmen

Von Silvio Kison 31.03.2017, 07:13
Michael Schulze vor seinem Werk in der Cansteinstraße: links das Original und rechts seine künstlerische Interpretation.
Michael Schulze vor seinem Werk in der Cansteinstraße: links das Original und rechts seine künstlerische Interpretation. Lutz Winkler

Halle (Saale) - Autos, Autos und wieder Autos. „Ich habe in den letzten Monaten knapp 20 Autos gesprüht“, sagt Michael Schulze. Der 36-Jährige hat vor mehr als zwei Jahren sein Hobby zum Beruf gemacht. Seitdem ist er vor allem in Halle als selbstständiger Graffitisprayer unterwegs. Eine seiner neuesten Arbeiten ist an einer Fassade in der Cansteinstraße zu finden. In dem Garagenkomplex gestaltet er zurzeit die Außenwand. Das Thema: natürlich Autos.

„Die Eigentümer kamen auf mich zu, weil sie immer wieder Schmierereien an ihrer Fassade hatten“, sagt er. Nun gestaltet er nach und nach die einzelnen Wandteile mit unterschiedlich Motiven zum Thema Garagen: Da findet sich dann neben Autos, Mopeds oder einem halb verschlossenen Tor auch schon mal eine ganze Straßenbahn. Und dieses Mal konnte er sogar sein eigenes Auto dort verewigen.

Graffiti in Halle: Arbeiten von Michael Schulze findet man überall im Stadtgebiet

Die Arbeiten von Michael Schulze findet man überall im Stadtgebiet. Vor allem Firmen und Vereine nutzen seine Dienste, um ihre Fassaden gestalten zu lassen. Der positive Effekt: Die sonst so verhassten Schmierereien gehören danach meist der Vergangenheit an. Das Problem an illegalen Graffiti: Ist die Wand einmal verschandelt, kommt schnell noch mehr dazu. In der Soziologie ist dieses Phänomen als Broken-Windows-Effekt („zerbrochene Fenster“) bekannt.

Allein die Stadt Halle hat im Jahr 2016 rund 35.000 Euro für Graffiti-Beseitigungen ausgegeben, um Schmierereien beseitigen zu lassen. Eine Alternative ist es, auf kunstvolle Graffiti von selbstständigen Künstlern wie Michael Schulze zu setzen. Denn auch die in der Illegalität agierenden Sprüher respektieren die Arbeiten ihrer „Kollegen“. Eine Regel in der Szene, an die sich meist alle halten.

Graffiti-Künstler aus Halle: „Meine Auftraggeber reichen von Firmen bis hinzu Privatleuten, die ihre Hauswand verschönern wollen“

„Meine Auftraggeber reichen von Firmen bis hinzu Privatleuten, die ihre Hauswand verschönern wollen“, sagt Schulze. In seinem Leben hat er beruflich viel ausprobiert, am Ende aber kam er immer wieder zurück zum Graffitisprühen. „Angefangen hat alles, als ich für die Freiraumgalerie einen Teil der Wand der Brücke am Hauptbahnhof gestaltet habe“, sagt er. Das aus vier Teilstücken eines über Jahre gewachsenen Gesamtprojekts namens „Graffiti grüßt Georg“ ist eine Hommage junger Künstler an Halles großen Sohn. Seither gibt es unter der Brücke kaum noch Schmierereien.

Illegale Sprüher richten einigen Schaden in Halle an. Insgesamt 650 Fälle gab es im Jahr 2015. Aufklären davon konnte die Polizei 191, also knapp 30 Prozent. Angst vor der Polizei muss Schulze natürlich nicht haben. „Die Reaktionen sind immer sehr positiv, wenn ich irgendwo am Sprühen bin“, sagt er. Einzig bei der Aktion am Bahnhof kam es zu einer skurrilen Situation: „Da kamen auf einmal Streifenwagen zu uns und riefen: Stehen bleiben“, erzählt Schulze.

Graffiti-Künstler kann mehr als die bekannten großflächigen Schriftzüge und Figuren

Der Künstler kann aber mehr als die bekannten großflächigen Schriftzüge und Figuren. „Für ein Altersheim in Trotha habe ich den Aufenthaltsraum mit Sehenswürdigkeiten von Halle gestaltet“, sagt er. Von den Hausmannstürmen bis hin zum Blick auf die Burg Giebichenstein ist alles dabei.

„Allein für das Bild von der Burg habe ich zwei Tage gebraucht.“ Daneben verziert er auch auf Wunsch Kinderzimmerwände oder Motorradhelme mit seinen kreativen Motiven. „Für den Kinderplaneten habe ich in einem Zimmer eine großflächige Mario-Figur von Nintendo gesprüht“, erinnert er sich. (mz)

Mario und Yoshi als Wanddeko im Kinderplaneten
Mario und Yoshi als Wanddeko im Kinderplaneten
Michael Schulze