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Halle stellt sich gegen Rechts Glockenläuten, Andachten, Demonstrationen: So wurde in Halle an den Anschlag erinnert

Glockenläuten, Andachten, Demonstrationen: Am zweiten Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge erinnern Bürger, Vereine und Initiativen mit Schweigeminuten und anderen Aktionen an die Opfer.

Von Katja Pausch 11.10.2021, 14:10
Halles Bündnis „Omas gegen Rechts“ hat an mehreren Orten - wie hier am Roten Turm auf dem Markt - mit Kerzen und Blumen der Opfer des Anschlags gedacht.
Halles Bündnis „Omas gegen Rechts“ hat an mehreren Orten - wie hier am Roten Turm auf dem Markt - mit Kerzen und Blumen der Opfer des Anschlags gedacht. (Foto: Katja Pausch)

Halle (Saale)/MZ - „Wir gedenken“ steht auf großen blauen Schildern, die Rosemarie Wesolowski und ihre Mitstreiterinnen von „Omas gegen Rechts“ vor sich stehen haben - ein Opa gegen Rechts ist bei dem stillen Gedenken am Roten Turm auch dabei. Die Gruppe reiht sich an diesem Samstag ein in eine Vielzahl an Initiativen und Aktionen, mit denen Verbände, Vereine und viele Einzelpersonen am zweiten Jahrestag des rechten Anschlags auf Halles Synagoge an die Opfer erinnern und sich zugleich rechten Strukturen entgegenstellen.

„Es ist uns wichtig, an solch einem Tag daran zu erinnern, dass es immer noch rechte Gewalt gibt“, sagt Rosemarie Wesolowski, zu deren Füßen Kerzen und Blumen stehen. Und es werden immer mehr: Hallenser kommen spontan vorbei, legen Blumen ab oder zünden eine Kerze an, suchen mit den „Omas gegen Rechts“ als Initiatorinnen der stillen Mahnwache das Gespräch. Gleich um die Ecke haben Mitglieder des Landesnetzwerks der Migrantenorganisationen (Lamsa) eine Tafel aufgestellt, an denen Passanten ihre Gedanken zu diesem Gedenktag aufschreiben können. „9. Oktober 2019 - Niemals vergessen!“ schreibt Anna mit grünem Stift auf das Papier. Die Schülerin der elften Klasse ist mit ihren Freundinnen Karoline und Lucie auf den Markt gekommen. „Wir wollen unsere Solidarität zeigen und aktiv etwas tun gegen Rechts“, sagt Anna, bevor die Drei zur Synagoge und zum Kiez-Döner in die „Luwu“ aufbrechen, um dort der Anschlagsopfer Jana Lange und Kevin Schwarze zu gedenken.

„Das hätte dringend besser organisiert werden müssen“

Kurz zuvor ist das Glockengeläut von Marktkirche und Rotem Turm zum Gedenken an den rechtsmotivierten Anschlag auf Halles Synagoge verklungen. Hunderte Menschen verharren auf dem Marktplatz in einer Schweigeminute - die allerdings zum Ärger nicht nur von Linken-Politiker Hendrik Lange vom unbeirrten Treiben der Händler und von vorbeifahrenden Straßenbahnen gestört wird. „Das hätte dringend besser organisiert werden müssen“, so Lange erbost, der den Lärm als „respektlos“ gegenüber den Opfern des Anschlags bezeichnet. Schön sei es aber, dass sich die Zivilgesellschaft in so großer Zahl offen gegen Rechts positioniere, so Lange.

Mit  einer spontanen Sitzblockade verhinderten mehr als 300 Hallenser vor der Moritzburg  einen rechten Demonstrationszug durch die Stadt.
Mit einer spontanen Sitzblockade verhinderten mehr als 300 Hallenser vor der Moritzburg einen rechten Demonstrationszug durch die Stadt.
(Foto: Katja Pausch)

Als eine Gelegenheit, ein positives Zeichen zu setzen weit über Halle hinaus bezeichnet Maximilian Metz das Glockenspiel - Metz hat als Carillonneur hoch oben über dem Markt am Spieltisch im Roten Turm das bekannte jüdische Lied „Hévenu Shalom Aléchem“ angestimmt. „Es ist das Beste, was wir tun können an solch einem Tag“, sagt er.

An vielen Orten wird über den ganzen Tag hinweg erinnert, aber auch gemahnt. So halten die Falken eine ganztägige Mahnwache am Steintor ab, wo anschließend Hunderte bis in den späten Abend den Redebeiträgen von Vertretern unter anderem des Flüchtlingsrats Sachsen-Anhalt, der jüdischen Studierendenunion, der Gruppe Migrant Voices & Niemand wird vergessen und der Initiative 9. Oktober zuhören. Zuvor ist es mehr als 300 Hallensern und Vertretern von Initiativen wie Halle gegen Rechts gelungen, in einer spontan als Demonstration angemeldeten zweistündigen Blockade einen Demo-Zug des Rechtsextremisten Sven Liebich von der Moritzburg zum Markt zu verhindern. Mit rund 350 Kräften war die Polizeiinspektion Halle im Einsatz, um die Gedenkveranstaltungen abzusichern und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Unterstützt wurden sie von Bundes- und Landeskräften.