"Gesichter von Halle":Hans-Ulrich Frosch "Gesichter von Halle":Hans-Ulrich Frosch: Der Ur-Hallore

Halle (Saale) - Sein Vater war Hallore, sein Großvater, der Urgroßvater und auch der Ururgroßvater - Hans-Ulrich Frosch entstammt einer alten, ja uralten Hallorenfamilie, deren es viele in Halle gab. "Moritz, Riemer, Knauth - das sind alles alte Hallorennamen", weiß Frosch. So hieß der berühmte hallesche Komponist Robert Franz eigentlich Robert Franz Julius Knauth - und war vielleicht sogar auch ein Hallore?
Seit 1534 sind die Froschs Salzsieder. "Der älteste Sohn in der Familie wurde seit Generationen Hans, Johannes oder Johann genannt", so Frosch, dessen Mutter dem "Hans" unbedingt einen Zweitnamen anfügen wollte: "Ulrich". Hans-Ulrich Frosch, Jahrgang 1951, bezeichnet sich selbst als "Faktotum" der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle. "Als Rentner habe ich von unseren Talbrüdern noch die meiste Zeit, mich um die Belange der Halloren zu kümmern", so Frosch, der einmal in der Woche im Bruderschaftshaus nach dem Rechten sieht, aufräumt und auch mal die Fenster putzt - "praktisch wie ein Hausmeister", lacht Frosch, der im Berufsleben Elektriker war, in seinen langen weißen Bart.
Heute habe ja jeder Hallore, derzeit sind es 54, einen Beruf. "Damals nicht. Bis etwa 1920 lebten die Halloren vom Salzsieden", so Frosch, der als Kind am Unterplan wohnte und bei den Großeltern auf der Saline-Insel seine Kindheit verbracht hat. "Ich habe noch erlebt, wie mein Großvater in der Saline, die 1964 als Salzproduktionsstätte dichtgemacht wurde, als Salzsieder gearbeitet hat", so Frosch. Heute hat er, von der Bruderschaft gewählt, das lebenslange Amt des Fähnrichs inne. Und als solcher darf er einen Degen tragen - ein Privileg, das außer ihm nur noch der Hauptmann hat. "Die Halloren waren ja eigentlich militärisch organisiert und bis ins Jahr 1806 alle bewaffnet. Denn im Mittelalter hatten sie ein Drittel der Stadtbefestigung zu bewachen", so ein Blick Hans-Ulrich Froschs in die Historie der Brüderschaft, die 1491 gegründet wurde und deren Brüderschaftsordnung schon früh soziale Aspekte wie Witwen- und Waisenversorgung festgeschrieben hatte.
Mehr Hallenser Persönlichkeiten finden Sie in der Porträt-Serie "Gesichter von Halle", welches als Buch seit dem 1. Dezember 2015 in den MZ-Service-Centern am Markt und in der Delitzscher Straße 65. Preis: 14,90 Euro erhältlich ist.
Die Farbe übrigens darf jeder Hallore selbst wählen - "nur Grün ist verpönt", so Hans-Ulrich Frosch. Denn als die Halloren neben den vielen, vom jeweiligen Landesherren gewährten Privilegien auch das der Jagd auf Vögel und Kleintiere hatten, schoss so mancher Bruder auch mal daneben und statt Vögel einen "Hasen mit Hörnern", so Frosch. Klar, dass es da Ärger mit dem Jäger gegeben hat ... Seitdem heißt es "Jrün jibts bei uns nicht".
Nun, und auch die auf Heinrich Heine zurückgehende Kategorisierung der Einwohner Halles in "Hallenser, Halloren und Hallunken" kann Fähnrich Frosch erklären: "Hallenser ist man von Geburt, Hallore ist, wer im Salz gearbeitet hat - und Hallunken sind sämtliche Zugezogenen." Das ist immer noch so - doch darf, wer sich lange bewährt und einer Prüfung durch die Bruderschaft unterzogen hat, sich heute auch zu den Halloren zählen. (mz)