Geschichte Geschichte: Beesen - einfach sagenhaft

Halle (Saale) - Es braut sich etwas zusammen über der Schafbrücke, so als würde sich am Himmel gleich ein wütendes Fauchen entladen. Wenig später setzt der Regen ein. Kein ideales Ausflugswetter - aber sollte es jemals eine perfekte Wetterkulisse zur Sage über die Entstehungsgeschichte des alten Bauwerks brauchen, dann würde sie genauso aussehen.
Die Legende besagt, dass dem, der zwischen Mitternacht und 1 Uhr bei Vollmond über die Brücke läuft, Grausiges widerfährt. Denn über dem Mittelpfeiler steht dann im Nonnengewand eine Frau, die um ihr Kind weint und wegen ihrer Schuld, die sie auf sich geladen hat. Denn als man anfing, die Brücke zu errichten, war nach jeder Nacht alles zerstört, was am Tag davor aufgebaut worden war. Um die Wassergeister zu besänftigen, sollte nur helfen, ein Kind lebendig einzumauern. Die Nonne kam in ihrer Kutsche vorbeigefahren und opferte ihr in Sünde gezeugtes Kind. Seitdem ist die Brücke nicht mehr eingestürzt, die Mutter aber hat nie zu ihrer Ruhe gefunden.
Die Sage um die Brücke ist eindeutig - schwammiger wird es, wenn es um den Namen der Überquerung geht. Sie wurde im 18. Jahrhundert errichtet und nach der Ziegelei eines Herrn Albert Schaaf benannt, die dort früher in der Aue stand und durch die Stadt Halle abgerissen wurde, um eine Verunreinigung des Trinkwassers zu vermeiden. In der Überlieferung ist das zweite „a“ abhanden gekommen und so ist die Brücke heute unter dem Namen Schafbrücke geläufig.
In unmittelbarer Entfernung zur Brücke steht auch heute noch die Broihanschenke, die selbst eine bewegte Geschichte hinter sich gebracht hat und in der sich vor Jahren noch ein Kindergarten befand. Ihren Namen hat das Gebäude allerdings einem für Kinder wenig geeignetem Getränk zu verdanken: Broihan war ein beliebtes obergäriges Bier. Im Gutshof von Beesen wurde zum Ende des 16. Jahrhunderts eine Brauerei errichtet. Der Hopfen wurde auf dem Hopfenberg (dem Friedrich-Rothe-Platz in Ammendorf) angebaut, das Malz stammte aus der Böllberger Mühle. Verkauft wurde das Bier dann in der Broihanschenke. Vor allem bei Studenten war die Schenke, die heute für Veranstaltungen gemietet werden kann, äußerst beliebt - manchmal vielleicht auch etwas zu sehr. So sagen es es zumindest die Anekdoten.
Genau wie auch Ammendorf war Beesen, dessen erste Erwähnungen bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen, einst ein eigenständiges Dorf. 1917 wurde Beesen zu Ammendorf eingemeindet. 20 Jahre später erhielt Ammendorf das Stadtrecht und galt als heimliche Hauptstadt es Saalekreises. Im Juli 1950 erfolgte die Eingemeindung nach Halle. Heute leben nahezu 7000 Anwohner in dem Viertel.
In Ammendorf sind heute noch eine ganze Reihe an alten Gebäude zu sehen, so wie das Schurig-Haus, das seit 1904 in der heutigen Merseburger Straße (damals „Hallesche Straße“) steht. Erbaut durch Gustav Schurig, führte die Familie dort im Erdgeschoss ihr Geschäft, später eröffnete ein durch eine weitere Familie geführtes Fotogeschäft. Eine historische Ansichtskarte von 1910 zeigt, wie es sich in dieser Ecke damals gelebt hat. Der Platz, auf dem im Bild die Straßenbahn fährt, wurde von den Nachbarn „das Ei“ oder „die Birne“ genannt. Im Bildzentrum ist Teichmanns Hotel und Café zu sehen, das seit längerer Zeit leer steht.
Ganz im Gegensatz zum Schurig-Haus. Hier ist wieder Leben eingezogen. Jörn und Romy Müllerhaben 2006 mit der „Ammendorfer Brotbüchse“, von Außen recht unscheinbar, eine kleine leuchtend grün gestrichene Oase geschaffen mit Frühstück, Imbiss und Catering. Für Frühaufsteher für den Weg zur Arbeit auch schon morgens ab 5.15 Uhr.
Eine Flaniermeile, die als durchgehende Einkaufsstraße zum Bummeln und Stehenbleiben einlädt, würden sich der ein oder andere Ammendorfer wünschen, oder auch größere gemeinsame Veranstaltungen, die auch die Stadtviertel Radewell/Osendorf und Planena einbeziehen, Stadtteilführungen, die nicht nur den Anwohnern einen Einblick hinter die Fassaden des Viertels geben, und einen Schub in der Infrastruktur. Trotzdem werden die Anwohner nicht müde, selbst auf Ideen zu kommen, die Ärmel hochzukrempeln und anzupacken.