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Ein Platz zum Wohlfühlen für die ganze Familie Geschäftsführer des Druck-Zucks findet im Kleingarten seine Work-Life-Balance

Torsten Krebs erholt sich nach der Arbeit in seinem Kleingarten. Die Anlage „Dessauer Straße“ kennt er schon seit seiner Kindheit.

Von Silvia Zöller 20.06.2021, 09:00
Torsten Krebs hat gleich mehrere Bienenhotels in seinem Garten: Selbstgebaute wie dieses und auch gekaufte.
Torsten Krebs hat gleich mehrere Bienenhotels in seinem Garten: Selbstgebaute wie dieses und auch gekaufte. Fotos: Silvia Zöller

Halle (Saale) - Torsten Krebs arbeitet meistens drinnen - der 52-Jährige ist Mitteilhaber und Geschäftsführer der „Druck-Zuck“ Druckerei im Giebichensteinviertel. „Ich bin aber eigentlich ein Outdoor-Typ und muss zum Ausgleich an die frische Luft“, sagt er. Deshalb ist er seit elf Jahren Kleingärtner in der Anlage „Dessauer Straße“. Und das ist kein Zufall: Die Anlage kennt er seit der dritten Klasse, als er regelmäßig hier war, weil Eltern von Schulfreunden einen Garten an der Dessauer Straße hatten.

Hallenser Druckexperte fertigt Wegesbezeichnungen für Kleingartenanlage an

„Später habe ich hier jeden Sonntag in der Gartengaststätte Skat gespielt“, sagt er. Und: Auch sein Bruder hat einen Garten in der Anlage. Als der Nachbargarten des Bruders 2010 frei wurde, hat Torsten Krebs zugegriffen. Heute baut er hier Kartoffeln und Erdbeeren an, Kirsch-, Apfel- und Pfirsichbäume sind gepflanzt. Ansonsten setzt Torsten Krebs viel auf blühende Stauden - für die Insekten. Denn schließlich bieten hier drei Insektenhotels Platz für jede Menge fliegende Tierchen. „Ein älterer Herr sagte mir mal, dass hier früher jeder Garten seinen eigenen Imker hatte, heute ist kein einziger mehr in der Anlage“, bedauert er.

Was es auch nicht mehr gab, das waren Schilder mit den Namen der Wege. „Bekannte haben mich darauf aufmerksam gemacht und gesagt, dass man sich deshalb in der großen Anlage gar nicht mehr zurechtfindet“, berichtet er. Als Experte für alles Gedruckte ergriff Torsten Krebs daher voriges Jahr die Initiative und druckte die Wegesbezeichnungen wie Baumweg, Wasserweg, Weg der Einheit oder Emil-Abderhalden-Weg auf Folie und machte aus Hartschaumplatten wetterfeste Hinweisschilder. „Der Vorstand hat das dankbar angenommen“, freut sich der Gartenfreund.

Auch Schilder für die Wege kommen aus der „Druck-Zuck“-Druckerei.
Auch Schilder für die Wege kommen aus der „Druck-Zuck“-Druckerei.
(Foto: Silvia Zöller)

Den gärtnerischen Elan wirft der Familienvater derzeit vor allem auf die Kartoffeln

Ein weiteres Problem ist der Leerstand in der 540 Parzellen großen Anlage. Auch hier hat Torsten Krebs die Druckmaschine angeworfen und XXL-Banner gedruckt, die sowohl in der Anlage als auch am Außenzaun zur B 100 hin auf die freien Gärten hinweisen. Sollten sich dennoch keine neuen Pächter finden, hat Krebs schon eine Idee: Warum nicht einfach Blühgärten aus den nicht bewirtschafteten Zellen machen?

Seinen gärtnerischen Elan wirft der Familienvater derzeit vor allem auf die Kartoffeln. „Mein Schwiegervater hat eine Doktorarbeit über Kartoffeln geschrieben und ist selbst Kleingärtner“, verrät er. Und so erhält Krebs immer andere Saatkartoffeln zum Ausprobieren - in diesem Jahr Belana, Linda und Laura. Angebaut werden sie in Kastenbeeten, die jedes Jahr auf einen anderen Platz im Garten wandern. Der Vorteil sei, dass die durch eine Konstruktion eingefassten Beete, ähnlich wie Hochbeete, die Wärme besser speichern und das Wasser nicht so schnell weglaufen kann.

Plakate weisen auf freie Gärten in der Anlage hin.
Plakate weisen auf freie Gärten in der Anlage hin.
(Foto: Silvia Zöller)

„Ich kenne viele Hallenser, die jetzt auch einen Garten haben und von denen ich das nie gedacht hätte“

Das Ergebnis, gedüngt nur mit Hornspänen oder Pferdemist, hat Torsten Krebs noch nie enttäuscht: „Selbst angebaute Kartoffeln schmecken einfach anders als gekaufte, das ist so.“ Außerdem mache es einfach Spaß, die Knollen am Ende der Saison auszugraben. Manche hatten schon zu witzige Formen, etwa wie eine Micky Maus oder wie eine Ente. „Mir war es auch wichtig, dass meine Tochter sieht, wie Kartoffeln und Möhren wachsen.“

Aus der alten Laube hat der Kleingärtner ein einladendes Häuschen gemacht.
Aus der alten Laube hat der Kleingärtner ein einladendes Häuschen gemacht.
(Foto: Silvia Zöller)

Liebevoll hat Torsten Krebs auch die Laube wieder in Schuss gebracht. Das Dach war marode, aber als Drucker hat man immer Material für solche Fälle: Krebs hat das Dach mit alten Druckplatten aus Alu neu eingedeckt. Diese sind nur einmal verwendbar und landen sonst im Müll. Mit einem blauen Anstrich und einem herzlichen „Welcome“-Schild am Eingang wirkt die alte Laube nun wieder wie neu. Ein Platz zum Wohlfühlen für die ganze Familie also.

Der Wohlfühlfaktor: Das sei auch immer mehr das Ziel von anderen. „Ich kenne viele Hallenser, die jetzt auch einen Garten haben und von denen ich das nie gedacht hätte“, sagt er. Ob dies eine coronabedingte Entwicklung oder ein echter Dauertrend wird, bleibt nun in den kommenden Jahren abzuwarten. (mz)