Gerd Micheel Gerd Micheel: Warum der Küchenstudio-Chef ein DDR-Bürger werden wollte

Halle (Saale) - Als in Berlin die Mauer fiel, wollte Gerd Micheel in seiner Heimat Niedersachsen Karriere machen. Alles lief nach Plan. Im Mercedes-Autohaus hatte er eine leitende Position übernommen, sein Abschluss an der Leibniz Akademie in Hannover war in greifbare Nähe gerückt. Dann stand er im Sommer 1990 plötzlich in Halle und wollte Staatsbürger der DDR werden. Wenige Wochen vor der Wiedervereinigung. „Das ist eine interessante Geschichte“, erzählt der 58 Jährige heute, fegt seine Unterlagen von Schreibtisch und zeigt auf den Grund für den erstaunlichen Wandel: die Gewerbeanmeldung für sein erstes Küchenstudio.
Tatendrang nach der Wende
Begonnen hatte alles mit dem Besuch von Tante und Onkel aus Halle, die im April nach Celle gekommen waren, um ihren Neffen zu treffen. „Danach war ich voller Tatendrang dort etwas auf die Beine zu stellen. Natürlich habe ich zuerst an Autos gedacht, dafür hat mir aber der Geschäftspartner gefehlt.“ Dann also Küchen. Doch um sein Gewerbe anzumelden, musste er DDR-Bürger sein. Für Micheel erst eine Überraschung, dann kein Problem. Die notwendigen Dokumente waren schnell beantragt. Noch im selben Jahr eröffnete er gemeinsam mit seinem Geschäftspartner „Fischer und Micheel“ in der Körnerstraße. Und Halle bekam sein erstes Küchenstudio nach der Wiedervereinigung.
Aus der Stadt nicht wegzudenken
Nach 25 Jahren ist Gerd Micheel aus der Stadt kaum wegzudenken. Seit dem Bruch mit seinem Partner und dem Neustart am Hansering, ist er nicht nur für sein Küchenstudio bekannt, sondern macht auch immer wieder durch sein gemeinnütziges Engagement von sich Reden. „Pro Woche komme ich sicher auf 100 Stunden Arbeit, meine eigene Küche sehe ich jedenfalls kaum“, sagt Micheel, der seine Zeit balanciert, um sein Unternehmen auf Trab zu halten ohne den Überblick über seine sozialen Projekte zu verlieren. Gut, dass sich dann das Kochen auch mit einem guten Zweck verbinden lässt. Gerade erst hat Gerd Micheel zum zweiten Mal ein Benefizkochen zugunsten der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft ausgerichtet. Zusammen mit Ministerpräsident Reiner Haseloff und bekannten Hallensern wie Kathi-Chef Marco Thiele oder Saale Bulls-Präsident Daniel Mischner brachten es die mehr als 40 Teilnehmer auf eine Spendensumme von 21 000 Euro. „Mein Vater hat immer gesagt: Wer gibt, der bekommt auch zurück.“ Gutes tun und auch darüber sprechen, so hält es der Hallenser, der es schaffen möchte noch 15 Jahre weiterzuarbeiten, bevor er sich in den Ruhestand verabschiedet.
Als Händel unterwegs
Spenden sammeln möchte er auch in den nächsten Jahren. Für den von ihm mitbegründeten Förderverein „Pro Handicap“ zum Beispiel. In diesem Jahr hat er gemeinsam mit 70 weiteren Unterstützern geholfen, für die Familie der kleinen Stella, die unter einem Gendefekt leidet, ein behindertengerechtes Haus zu bauen. Und wenn er dann noch Zeit hat, ist er als „Händel“ unterwegs. Auch wenn der pralle Bauch im Kostüm, dem musikalischen Vorbild bald schon nicht mehr Nahe kommt: „Ich habe in der letzten Zeit viel abgenommen“, sagt Micheel - es ist wohl nur das neueste seiner vielen Projekte. (mz)