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Gastronomie schließt ab Montag Gastronomie schließt ab Montag: Wie Halles Wirte auf den erneuten Lockdown reagieren

Von Katja Pausch und Franz Ruch 30.10.2020, 11:00
Entspanntes Sitzen in Cafés oder Restaurants, wie hier auf der Barmeile in der Kleinen Ulrichstraße, wird es im November nicht geben.
Entspanntes Sitzen in Cafés oder Restaurants, wie hier auf der Barmeile in der Kleinen Ulrichstraße, wird es im November nicht geben. Silvio Kison

Halle (Saale) - Es hatte sich zwar angedeutet. Doch letztlich hat die Ankündigung eines neuerlichen Lockdowns die Gastwirte in Halle unvorbereitet getroffen. „Das hat wohl keiner geahnt“, sagt Carola Jaß, die im Hof des Händel-Hauses das Restaurant „Zum Händel“ betreibt und nun wie alle Gastronomen den Schock verarbeiten muss.

Daran konnte auch die Live-Schalte von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) mit Gastronomen der Stadt am Nachmittag nicht viel ändern. „Es wurde uns Unterstützung bei der Antragstellung zugesagt“, so Carola Jaß, die wie die meisten auf die angekündigten 75 Prozent der November-Vorjahreseinnahmen angewiesen sein wird. „Der Oktober war nach dem leidlich florierenden Sommergeschäft schon schwer - und jetzt auch noch das“, so „Händel“-Wirtin Jaß.

Schließung wird als bodenlose Unverschämtheit empfunden

Bodo Peter Czok, Gastronom und Vorsitzender vom halleschen Kreisverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), saß am Donnerstag vor glühenden Telefonen: „Ich bekomme ständig Anrufe von Berufskollegen. Was soll ich denn den Leuten erzählen, die sich die ganze Zeit an die Regeln gehalten haben?“, so Czok.

Dass trotz der vielen Auflagen und ergriffenen Maßnahmen die Gaststätten nun doch schließen müssen, empfinde er als bodenlose Unverschämtheit. Dass gestiegene Infektionsgeschehen sei schlimm, die Entscheidungen der Politik aber nicht nachvollziehbar. „Der Hebel sollte lieber da angesetzt werden, wo die Hotspots sind. Aus unserer Branche kommen die wenigsten Infektionen“, so Czok.

30 Prozent der halleschen Gastronomien vor dem Aus

Die Leidtragenden seien nun die Gastronomen. Diese hätten sich für die Maßnahmen verschuldet, um beispielsweise Zelte und Heizpilze zu kaufen, mit denen ein Gastronomiebetrieb auch in der kalten Jahreszeit und unter Auflagen möglich gewesen wäre. „Das nützt uns jetzt alles überhaupt nichts“, sagt Czok.

Der nun fehlende Umsatz habe auch langfristige Folgen: „Mindestens 30 Prozent der Gastronomien in Halle werden dauerhaft schließen müssen“, sagt Czok. Auch die versprochenen finanziellen Hilfen kämen zu spät: „Die Nothilfen hätten vor der verordneten Schließung geklärt sein müssen und nicht danach. Wir brauchen das Geld jetzt.“

Avecio-Geschäftsführer Helling: Hilfe muss schneller kommen

Zweifel an einer schnellen Unterstützung hat auch Jan Helling, Geschäftsführer des Restaurants Avecio am Eselsbrunnen. Beim ersten Lockdown habe er mehrere Wochen auf das Geld warten müssen, jetzt müsse die Hilfe schneller kommen, denn in den kommenden vier Wochen könne von den laufenden Kosten nicht viel heruntergefahren werden.

Eine dauerhafte Schließung drohe dem Avecio vorerst nicht: „In den vergangenen Monaten konnten wir uns wieder ein kleines Polster aufbauen, das für ein bis zwei Monate reicht“, sagt er. Was danach komme, sei offen.

Mönchshof-Geschäftsführer erwartet keinen Umsatzsprung im Dezember

Auch das Restaurant Mönchshof am Hallmarkt werde wohl nicht für immer seine Türen schließen, sagt Geschäftsführer Jens Liebezeit. „Dafür machen wir das zu lange. Ans Eingemachte geht es allerdings bei der privaten Schatulle“, sagt er.

Hoffnung, die verlorenen Umsätze im Dezember aufzuholen, habe er nicht. Selbst wenn die Restaurants dann wieder öffnen dürfen, würden immer noch die Einnahmen durch Feiern und Veranstaltungen fehlen. „Man kann nur hoffen, dass das Minus nicht zu groß wird“, sagt er.

Nach den Erfahrungen im ersten Lockdown wird der Mönchshof im November auch keine Speisen mehr liefern. „Wir hatten es einen Monat getestet, aber es hatte sich nicht bewährt“, sagt er. Da sich wegen der Corona-Bestimmungen ohnehin nur wenige Leute zusammen zuhause aufhalten würden, gäbe es auch entsprechend wenig Gruppenbestellungen. „Und für zwei Personen Essen auszufahren, rentiert sich für uns nicht“, so Liebezeit.

Ratlosigkeit bei Gastronomen

Unterdessen macht sich bei vielen Gastronomen Ratlosigkeit breit. Man habe sämtliche Hygieneverordnungen - vom Abstand halten bis Kontaktdaten notieren - mitgetragen, am Ende des Sommers oft auch gegen Unmut und Proteste einiger Gäste, so Sascha Kluge, der Kaffeeschuppen, Sonnendeck und das Café „Lilo und Werner“ in der Kleinen Uli betreibt.

Und nun trotz aller Maßnahmen die Schließung. Was ihn derzeit am meisten zu schaffen mache, so Sascha Kluge, sei die fehlende Verbindlichkeit. „Wir haben keine Verlässlichkeit - gegenüber unseren Gästen, aber auch uns als Gastronomen gegenüber nicht“, so Kluge. (mz)