«Fragen Sie im Januar nach»
Halle/MZ. - Dr. Hollmann, der seine Praxis in Neustadt hat, schildert an seinem Beispiel, warum er nicht einfach mehr Patienten behandeln kann: Weil er seine Leistungen von der kassenärztlichen Vereinigung (KV) nur bis zu einem Limit bezahlt bekommt. Alles, was darüber hinaus geht, müsste er praktisch umsonst machen, so gering ist die Vergütung - ein Tausendstel Cent (in Zahlen: 0,001 Cent) gibt es dann statt 4,1 Cent für einen Leistungs-Punkt. Denn die KV stellt jedes Jahr nur ein bestimmtes Honorar für alle Fachärzte zur Verfügung, das unter den Kollegen aufgeteilt wird. Nun ist es in Halle aber so, dass in diesem Topf auch das Geld für zwei Praxen liegt, die aus Altersgründen geschlossen und nicht wieder besetzt wurden sowie für eine, in der der Arzt seit Monaten krank ist. "Hinzu kommen vier Kollegen, die in eigener Praxis fast nur operieren und deshalb Patienten nur bedingt ambulant versorgen, so Hollmann.
Bloß, wo ist das Geld? Warum wird es nicht unter den anderen Fachärzten aufgeteilt, die dann mehr Patienten behandeln könnten? "Diese Fragen stellen wir uns seit langem", so Uwe Hollmann. Er hat bei der KV mehrfach angefragt und immer eine abschlägige Antwort erhalten. Dabei könnte er allein bis zu 400 Patienten im Quartal mehr behandeln. Dass das geht, hat er in den vergangenen Jahren bewiesen.
Doch seitdem die KV das Kontingent immer mehr kürzt, weil die Krankenkassen weniger einnehmen, hat auch der 39-Jährige seine Sprechzeiten verkürzt - warum soll ausgerechnet er ohne Vergütung arbeiten; kein Handwerker, kein Lehrer, keine Verkäuferin würde dies mehrere Wochen im Jahr tun. Hatte er früher im Durchschnitt 2 200 Patienten im Quartal, sind es jetzt nur noch 1 800. Wer einen Termin bei ihm haben möchte, kommt nicht weiter als bis zur Sprechstundenhilfe. "Fragen Sie im Januar wieder nach", sagt sie.
Die KV will sich auf den Vorschlag der halleschen Fachärzte nicht einlassen. Wie der Vorsitzende des KV-Vorstandes, Dr. Burkhard John, sagte, sei es jedoch möglich, dass die Ärzte ein Viertel Jahr lang mehr Patienten behandeln. Danach könnten sie dann einen Antrag auf höheres Honorar stellen. Er räumte ein, dass dies natürlich ein hohes Risiko für die Kollegen wäre. Uwe Hollmann ist dieses Risiko zu hoch, bei ihm und anderen Orthopädie-Fachärzten wird deshalb wohl auf absehbare Zeit alles so bleiben, wie es ist. "Wir vermissen den guten Willen der KV, im Interesse der Patienten eine Verbesserung der misslichen Situation herbeizuführen", sagte er.
"Gerade in Neustadt gibt es so viel zu tun, dass noch für mindestens zwei weitere Kollegen mehr als genug Arbeit da wäre", erzählte Uwe Hollmann. Denn die Patientenzahlen steigen, weil immer mehr Menschen immer älter werden. Hinzu komme, dass es im Saalkreis keinen Facharzt dieser Richtung gebe.
Trotzdem will sich kein Klinik-Arzt niederlassen - "bei dem Theater ums Geld kann ich das gut verstehen", so Hollmann, der selbst Klinikarzt war. Die gewonnene Zeit aus den verkürzten Sprechstunden will er nutzen: Er operiert demnächst im Dölauer Krankenhaus einen Teil seiner Patienten selbst.