Europachaussee Europachaussee Halle: Welchen Nutzen bringt die Osttangente für Innenstadt und Stadtteile?

Halle (Saale) - Im Herzen Reideburgs, dort, wo die Delitzscher Straße von der Paul-Singer- und der Zwintschönaer Straße gekreuzt wird, ist der Verkehrslärm werktags unerträglich. Brummi an Brummi rauscht hier vorbei. Wer sich auf dem Gehweg unterhalten will, muss fast schon brüllen. „Anfangs hatte ich das Gefühl, dass weniger Verkehr auf der Straße rollt, seit die Europachaussee komplett offen ist. Ich finde auch, dass sich die Zahl der Lkw verringert hat. Aber eine echte Entlastung ist das noch nicht“, sagt Raumausstatter Steffen Müller, der an der Kreuzung ein Geschäft betreibt.
Kurz vor Weihnachten war die Lücke auf der Osttangente zwischen Büschdorf und der B100 geschlossen worden. Die Hoffnung der Stadt: Die acht Kilometer lange Europachaussee soll nicht nur einen Teil des Verkehrs aus der Innenstadt saugen, vor allem aus der Paracelsusstraße, sondern auch aus Reideburg und Büschdorf.
Europachausse in Halle: „Wir haben eine externe Firma mit einer Verkehrszählung beauftragt“
Ob die Europachaussee genau diesen Effekt erfüllt, lässt die Stadt untersuchen. „Wir haben eine externe Firma mit einer Verkehrszählung beauftragt. Die Ergebnisse liegen voraussichtlich im Herbst vor“, sagt René Rebenstorf, Beigeordneter für Stadtentwicklung in Halle. Prognostiziert sollten pro Tag durchschnittlich 10.000 Fahrzeuge die Europachaussee nutzen. Auf die Werte der Zählung wartet auch das Landesamt für Umweltschutz (Lau). Es betreibt in der Paracelsusstraße eine Station, die die Luftqualität misst.
Seit Beginn der Datenerfassung 2010 wurde acht Jahre in Folge der zulässige Jahresgrenzwert des giftigen Gases Stickstoffdioxid von durchschnittlich 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft überschritten, 2018 das erste Mal nicht. In den ersten vier Monaten 2019 lag der Durchschnitt bei 37 Mikrogramm. Welchen Anteil an der positiven Bilanz hat die Europachaussee? „Um einen Zusammenhang zu erheben, reicht die Luftmessung alleine nicht aus. Dazu müssen Verkehrszahlen und meteorologische Daten gemeinsam ausgewertet werden“, heißt es aus dem Landesamt.
Europachaussee: Wann werden Einengungen und Tempolimit auf Brücke über Berliner Straße aufgehoben?
Die Autofahrer interessiert derzeit die Antwort auf eine andere Frage ohnehin mehr: Wann werden die Einengungen und das Tempolimit auf der Brücke über die Berliner Straße aufgehoben? Am 22. Juni 2018 hatte ein Sattelschlepper das Bauwerk gerammt und dabei Stahlträger beschädigt. Seitdem gilt auf der Brücke in Richtung Süden ein Geschwindigkeitslimit von 50, auf der Gegenspur von 30 Kilometern pro Stunde.
Zudem bringen Betonelemente als Absperrung immer wieder Lkw-Fahrer in die Bredouille, die mit ihren dicken Lastern aufgrund der eingeengten Fahrbahn an der Barriere entlang schrammen. „Der Schaden an der Brücke soll während der Sommerferien Ende Juli behoben werden“, sagt Angelika Foerster, Leiterin im Fachbereich Bauen. Die Kosten für die Reparatur würden rund 375.000 Euro betragen und über eine Versicherung reguliert.
Reideburgerin: „Für den Umsatz ist eine belebte Straße gut“
In Reideburg schlagen derweil in der Brust von Steffen Müller zwei Herzen. Natürlich wünsche er sich mehr Ruhe für die Bewohner an der Delitzscher Straße. Andererseits profitiert sein Unternehmen auch vom Verkehr. „So fallen wir auch Durchreisenden auf. Der eine oder andere hält auch an. Für den Umsatz ist eine belebte Straße gut“, sagt Müller.
Das könnte freilich auch am gemalten ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher liegen, der von der oberen Etage hinab blickt. Das Bildnis hatte Müller vor 18 Jahren aufmalen lassen. Seitdem recken Pendler ihre Hälse, wenn sie Genscher in seinem gelben Pulli dort sehen. (mz)
