Erstes rauchfreies Mietshaus in Halle-Süd Erstes rauchfreies Mietshaus in Halle-Süd: Richtfest ohne Aschenbecher

Halle (Saale) - Für Deutschlands erste Nichtraucherhäuser wird in wenigen Tagen Richtfest gefeiert - ganz ohne Aschenbecher, wie man annehmen darf. Die Wohnungsgenossenschaft Halle-Süd baut derzeit an der Elsa-Brändström-Straße eine kleine Anlage mit 33 Wohnungen, in denen totales Rauchverbot herrscht. Das Projekt hat deutschlandweit für Aufsehen gesorgt, denn ein Nikotinverbot auch in den eigenen vier Wänden, das gilt auch juristisch als echtes Neuland. Um dies durchzusetzen, soll das Rauchverbot in einem Zusatz zum Mietvertrag für den Erstbezug der Anlage festgelegt werden.
Juristisches Urteil steht noch aus
Manchem klingt das nach Gesundheitsdiktatur, gleichwohl ist das Interesse künftiger Mieter weiter groß. „Bis auf drei Wohnungen haben wir bereits feste Zusagen“, sagt Susanne Rackwitz, Prokuristin der WG Halle-Süd. Mehr als 160 hatten bereits Ende vergangenen Jahres Interesse bekundet. Es gab Anfragen von vielen Medien. Auch zwei Studentinnen führten Interviews für ihre Arbeit, eine kam aus Finnland, die andere aus Berlin. Auch weitere Vermieter hätten sich für das Projekt interessiert. „Die Branche insgesamt wartet, wie sich das Projekt entwickelt und wie eventuelle juristische Auseinandersetzungen von den Gerichten beurteilt werden“, sagt Prokuristin Susanne Rackwitz. „Wir sind dennoch weiter optimistisch, denn es gibt bereits zahlreiche Urteile, in deren Begründung die Richter durchaus den Hinweis gaben, dass sie für den Nichtraucherschutz geurteilt hätten, wenn denn bestimmte Formalien eingehalten worden wären.“ Man gehe davon aus, dass man diese Klippen glücklich umschiffen werde.
Grundsätzlich darf ein Mieter in seiner Wohnung rauchen. Das bestätigt auch Gerold Happ, Geschäftsführer des Immobilienbesitzer-Verbandes Haus & Grund. „Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil klargestellt, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch gehört. In der eigenen Wohnung darf man also nach Belieben rauchen.“
Allerdings hatte der BGH 2006 und 2008 ausdrücklich offen gelassen, ob „exzessives Rauchen“ - das schon nach kurzer Mietzeit eine aufwendige Renovierung nötig macht - als vertragswidrige Nutzung angesehen werden kann. Wenn die Wohnung durch das Qualmen regelrecht beschädigt werde und Schönheitsreparaturen zur Beseitigung nicht mehr ausreichen, komme eine Schadenersatzpflicht in Betracht.
Ja, in den Gemeinschaftsbereichen, sagt der Deutsche Mieterbund. Ein Rauchverbot in Gemeinschaftsräumen, im Treppenhaus oder Aufzug ist möglich.
Der Immobilienbesitzerverband Haus & Grund rät Vermietern in solch einem Fall, den Raucher anzusprechen. „So kann er eventuell den Hausfrieden wiederherstellen.“ Solange der Raucher allerdings nur in der Wohnung oder auf dem Balkon rauche, könne der Vermieter ihm dies nicht untersagen. „Selbst wenn andere Mieter wegen ständigen Rauchens auf dem Balkon die Miete mindern, sind dem Vermieter gegenüber dem Raucher die Hände gebunden.“
Nein. Haus & Grund weist jedoch darauf hin, dass Vermieter bei ihrer Mieterauswahl auch schon vor dem Urteil darauf achten konnten, dass sie nicht an Raucher vermieten. „Sie können mit neuen Mietern sogar individuell vereinbaren, dass diese nicht in der Wohnung rauchen. Ein formularmäßiges Rauchverbot im Mietvertrag ist jedoch unwirksam.“
Raucherinsel für Besucher
Die Idee des Projektes ist, dass weder in der Wohnung noch auf dem Balkon geraucht werden darf. Und auch die Besucher dürfen nicht rauchen, sie müssen auf eine begrünte „Raucherinsel“ ausweichen. Nach zweimaligem Verstoß soll eine Kündigung möglich sein. „Man muss ja im Konfliktfall auch nicht gleich mit der Keule drohen, sondern sollte das Gespräch suchen“, sagt Rackwitz. Das sei auch bei anderen Konflikten in einem Mietshaus die richtige Strategie. (mz)