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Erneute Schließung in Halle Erneute Schließung in Halle: Der leise Tod von Knolls Hütte

Von Michael Falgowski 20.10.2016, 15:45
Harald Geilert muss Knolls Hütte schließen.
Harald Geilert muss Knolls Hütte schließen. Holger John / VIADATA Photo

Halle (Saale) - Eine weitere hallesche Traditionsgaststätte wird für immer geschlossen. Nach 112 Jahren endet die Geschichte von Knolls Hütte, einem der bekanntesten Ausflugslokale an der Dölauer Heide. Wirt Harald Geilert hat einen Zettel am Eingang befestigt: Er bedankt sich bei seinen Gästen und gibt das Ende des Heidelokals bekannt. Kurz und schmerzlos.

Schon am Wochenende wird gar nicht mehr geöffnet. Keine Zeit also für ein letztes Bier, zum Abschiednehmen. Mancher wird das bedauern, denn die meisten haben viele gute Erinnerungen an Knolls Hütte. Von der Fassbrause bis zum Bier: Wer in Halle aufgewachsen ist, hat schon unter den Kastanien an der Waldstraße gesessen. Ein Zurück gibt es nicht: Das Lokal, das heute nur noch aus dem früheren Tanzsaal besteht, wird demnächst weggerissen.

Knolls Hütte funktioniert wirtschaftlich nicht

„Kurz ist der Abschied, ja, aber nicht schmerzlos. Schließlich habe ich Knolls Hütte seit genau 25 Jahren betrieben“, sagt Harald Geilert. Doch es funktioniere wirtschaftlich eben nicht mehr. „Die Gastronomie wirft einfach nicht mehr genug ab, um vor allem die anstehende Sanierung zu finanzieren. Schätzungsweise eine Million Euro wird benötigt. So müssen Decke und Dach komplett ausgetauscht werden“, so Geilert.

Seine zuletzt sechs Angestellten hat er bereits entlassen. „Es war ein leiser Tod, seit zehn Jahren. Es fehlte an Gästen. In der Heide sind immer weniger Spaziergänger unterwegs. Und die meisten direkten Anwohner sind schon etwas älter. Kaffee und Kuchen aber bringen nicht den erforderlichen Umsatz“, sagt der Gastronom, der übrigens viele Jahre auch die Gastronomie des Zoos betrieben, zuletzt aber die Ausschreibung verloren hatte. Zudem sei es zunehmend schwierig, überhaupt Personal zu finden, sagt Geilert.

15 Köche und 18 Kellner

„Ich wollte nie derjenige sein, der Knolls Hütte schließt. Aber auch ein anderer Gastronom würde - vor allem mit Blick auf die hohen Sanierungskosten - auf die gleiche Idee kommen müssen.“

Während Harald Geilert vom Eingang die kleine Kastanienallee hinüber zu seinem bunt angestrichenen Gaststättenhaus läuft, erzählt er von besseren Zeiten. „Als wir Silvester 1992 eröffnet haben, hatten wir 15 Köche und 18 Kellner. An guten Sommerabenden waren hier 1.000 Gäste.“ An einem Herrentag habe man einmal 86 Fässer Bier ausgeschenkt. Damit könne man heutzutage das ganze Laternenfest versorgen, so der 63-Jährige.

Kiosk aus DDR-Zeiten

Die heute zugewachsene Betonfläche, auf der Bands spielten und getanzt wurde, und auch der Kiosk aus DDR-Zeiten zeugen noch vom einstigen Andrang. Ebenso wie die schiere Größe des Parks mit seinen Kastanien, von denen aber einige sichtbar erkrankt sind, andere bereits fehlen. „Das war die Windhose im vorigen Jahr. Wir haben aber schon schon neue gepflanzt.“ Doch durstigen Heidebesuchern werden sie keinen Schatten mehr spenden.

Mit Knolls Hütte verschwindet ein Stück echte hallesche Lokal-Geschichte. Pfingsten 1904 hatte der Kaufmann Otto Knoll das Lokal am Heiderand auf einem Kartoffelacker eröffnet. Damals befand sich die Gaststätte noch in einem Fachwerkhaus, das weiter hinten auf dem früher rund Hektar großen Grundstück stand. Besitzer und Betreiber wechselten mehrfach.

1965 übernahm die HO

Ab 1965 übernahm die Handelsorganisation (HO) der DDR die Regie. Von 1979 an firmierte die Gaststätte einige Jahre als ungarisches Spezialitäten-Restaurant Veczprem. Für die meisten Hallenser blieb es aber immer einfach Knolls Hütte. 1990 übernahm dann Harald Geilert, der die Gaststätte sanierte. Insgesamt habe er rund 1,5 Millionen Euro investiert.

Freilich ist seit dieser Sanierung vor fast 25 Jahren baulich nicht viel geschehen. Das eigentliche Wirtshaus, in dem sich lange noch die Küche befand, wurde vor Jahren weggerissen. Es war baufällig und wirtschaftlich nicht zu sanieren, sagt Geilert. Auch die wunderbaren Kolonnaden fielen inzwischen, aus dem gleichen Grund. So ging aber auch der Charme des Heide-Lokals mehr und mehr verloren. Zumal Geilert auf dem ursprünglich 1,1 Hektar großen Gelände vor einigen Jahren neue Wohnhäuser und eine Anliegerstraße bauen ließ. Und auch die Qualität der Küche schwankte stark.

Gerüchte über Schließung

Bereits im Jahr 2014 hatte es erste Gerüchte über eine Schließung gegeben. Inhaber Harald Geilert hatte das zumindest für die damalige Saison dementiert.

Nach dem Abriss von Knolls Hütte sind von den traditionsreichen Heidegaststätten Halles nur noch der „Waldkater“ am Hubertusplatz und das frühere Café Hartmann, heute Waldhotel, in Dölau übrig. Seit der Wende sind etwa das Lokal „Hubertus“ am Hubertusplatz oder der „Heidekrug“ in Dölau verschwunden. Dort sind neue Häuser entstanden oder werden geplant - die Lage ist schließlich attraktiv.

Und so soll auch das Gelände von Knolls Hütte nachgenutzt werden. Harald Geilert hat bereits den Bauantrag für zwei Mehrfamilienhäuser gestellt. (mz)

Eingang Knolls Hütte
Eingang Knolls Hütte
Holger John / VIADATA Photo
Knolls Hütte in der Waldstraße
Knolls Hütte in der Waldstraße
Silvio Kison