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Eishockey Eishockey: Der Junge aus der Nachbarschaft

Von GOTTFRIED SCHALOW 31.08.2011, 20:49

Halle (Saale)/MZ. - Enrico ist auf 150 Euro gekommen. Eher mehr als weniger. Und das Monat für Monat, fünf Jahre lang. Eine stolze Summe von fast 10 000 Euro, die seine Eltern in sein Hobby investiert haben. Mal ging ein Eishockeyschläger kaputt, mal waren ein paar neue Schlittschuhe fällig, dazu gerechnet die Benzinkosten für Chaffeurfahrten von der Schule in die Eissporthalle, die letzten beiden Jahre auch regelmäßig nach Wolfsburg. Dort hat Enrico in der Jugend den Durchbruch geschafft und sich die Eintrittskarte für die Profimannschaft der Saale Bulls in seinem Heimatort Halle verdient. "Der Aufwand hat sich gelohnt. Aber wir haben unser Leben in den letzten Jahren auch komplett auf Eishockey ausgerichtet", sagt Mutter Birgit Ehrhardt. Enrico wird im Team mit der Nummer 94 geführt. Er ist der Erste, der den Sprung aus der eigenen Nachwuchsabteilung in die erste Männerschaft geschafft hat. Enrico ist praktisch der Junge aus der Nachbarschaft, gerade 17 Jahre alt geworden.

Enrico wird am Donnerstag das erste Mal gemeinsam mit seinen Vorbildern, mit Florian Eichelkraut und Sebastian Lehmann, mit Martin Miklik, Tomas Burian und den anderen gestandenen Profis trainieren. "Ich muss mich natürlich hinten anstellen. Ich werde nicht gleich die Welt einreißen und der unentbehrliche Kerl in der ersten Reihe sein. Das wird noch ein, zwei Jahre, vielleicht auch noch länger dauern. Aber ich will es packen", sagt Enrico Ehrhardt. Er vermittelt dabei den Eindruck, dass er sehr genau weiß, was er will. Spielpraxis soll er sich zunächst in Dresden in der Jugend-Bundesliga holen. "Wenn mich dann der Trainer anruft, dass er mich am Freitag in Halle braucht, dann ist alles gut", sagt Enrico.

Dann wird er auch seinen eigenen Fanclub in der Eissporthalle haben. Die Lehrer und die Mitschüler vom Thomas-Müntzer-Gymnasium, nicht zuletzt seine Freundin Julia. "Es ist schon toll, wie Enrico das schafft, alles in die Reihe zu bringen", sagt Mutter Birgit. Der bemerkenswerte Notendurchschnitt von 1,6 aus dem letzten Schuljahr beweist, dass ihm das tatsächlich gelungen ist. Dort ungefähr will er auch in diesem Jahr, in der elften Klasse, landen. Denn es geht auch um seinen Studienplatz. Psychologe will er werden. "Natürlich ist es mein Traum, irgendwann mit Eishockey Geld zu verdienen", sagt Enrico. Er weiß, dass Talent allein nicht ausreicht. "Eine Verletzung zum Beispiel kann ganz schnell das Ende aller Träume sein. Und dann muss ich ein zweites Standbein haben", sagt er mit bemerkenswertem Weitblick.

Die Berufung in den Profikader ist erst einmal ein ganz persönlicher Erfolg für Enrico Ehrhardt. Es ist aber auch ein entscheidender Moment für Ralf Pietschmann und Michael Rahn, die Macher der Nachwuchsabteilung der Saale Bulls. "Wir haben nach sieben Jahren das erste Teilziel erreicht. Die Entwicklung von Enrico ist eine zusätzliche Motivation für alle Kinder unseres Vereins. Sie sehen, dass sie es bis ganz nach oben schaffen können", sagt Michael Pietschmann. In vier Altersklassen, von den Bambinis bis zu den Schülern, spielt Halles Nachwuchs inzwischen in den höchsten Ligen.

Enrico Ehrhardt steht mit der Männermannschaft am Freitag zum ersten Mal auf dem Eis. Im ersten Testspiel gegen die Kassel Huskies. Vier weitere Heimspiele folgen für die neu formierte Mannschaft. Die neue Saison in der dritten Liga beginnt dann am 7. Oktober mit dem Heimspiel gegen Fass Berlin.