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Eisenbahnfreunde Eisenbahnfreunde: Liebesdienst mit Drahtbürste

Von Martin Schramme 16.11.2001, 19:04

Halle/MZ. - Während viele am Samstagmorgen um halb neun noch schlafen, herrscht im Lokschuppen an der Berliner Brücke schon große Betriebsamkeit. Dort wird gehämmert und geschleift, geschraubt, gepinselt und geölt. Die Eisenbahnfreunde vom Verein Betriebshof Halle P - "P" steht für Personenverkehr - bringen Dampf-, E- und Dieselloks sowie einige Eisenbahnwaggons auf Vordermann. Die meisten davon sind Museumsstücke.

Heiko Heisig - wie viele der 75 Vereinsmitglieder selbst Lokführer - ist extra aus Mannheim gekommen, sein Kollege Klaus Thiele aus Hamburg. Die beiden Hallenser arbeiten im Altbundesgebiet. Doch ihrer E 95 (eine E-Lok von 1927) sind sie treu geblieben. Sie wird derzeit generalüberholt. Jede Schraube, jeder Draht wird da umgedreht. Ein Mammutprojekt. "Seit sechs Jahren arbeiten wir daran", sagt Heisig. Sieben Leute legen sich dafür ins Zeug. Sie sind sich einig, dass sie ein Lebenswerk begonnen haben, an das sich eigentlich nur Verrückte wagen.

Aber wann wird das Schmuckstück fertig? Darauf will sich Vereinschef Wolfgang Treike nicht festlegen. Doch wissen Eisenbahnfans im gesamten Bundesgebiet über Mundpropaganda und Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, wie die Restaurationsarbeiten voran gehen. "Es wäre blamabel, wenn wir jetzt aufgeben würden", meint Treike. Doch noch so eine aufwendige Generalüberholung werde der Verein wohl nicht wagen. Der ursprüngliche Zeitplan musste bereits korrigiert werden. Denn die meisten Vereinsmitglieder sind berufstätig, treffen sich deshalb nur jeden ersten und dritten Samstag im Monat. Nur der mit 71 Jahren Älteste, Karl-Heinz Rieche, und der pensionierte Heinrich Thiele bringen mehr Zeit mit.

Die beiden Ingenieure restaurieren gerade den Stromabnehmer. Rieche entrostet ein Stahlrohr. Es trägt sonst Keramikisolatoren, damit der Starkstrom nur in die Transformatoren fließt und nicht in den Stahlmantel der Lok. Viel Arbeit steckt bereits im Inneren der E-Lok. "Insgesamt sind 65 Kilometer Elektrokabel zu verlegen", erklärt Treike. Der Eisenbahner kennt sich mit den 13 Lokomotiven des Vereins, die meist aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stammen, am besten aus.

Die Güterzug-Lok E 95 habe eine bewegte Geschichte: "Sie ist die letzte von sechs baugleichen Siemens-Schuckert-Fabrikaten, die einst im Steinkohle-Gebiet im Raum Breslau im Einsatz waren."

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