DRF Luftrettung DRF Luftrettung: Notärzte starten von Oppin zum Einsatz fürs Leben

Halle/MZ - Tageszeitungen liegen auf dem Tisch. Wurst und Käse stehen bereit. Auf der Küchenzeile rumort der Kaffeeautomat. In der Oppiner Station der DRF Luftrettung beginnen Ellen Roth und Uwe Schmeier ihren Tagdienst. Die beiden Notärzte sind für die Rettungsflieger „Christoph Halle“ und „Christoph Sachsen-Anhalt“ eingeteilt.
40 Jahre sind die Hubschrauber der HSD Luftrettung im Einsatz. 1973 hob der erste Helikopter von Stuttgart aus ab. Seit 1991 ist auch die Station in Oppin in Betrieb. Im Jahr 2012 wurde die 24-Stunden-Luftrettungsstation in Halle zu 1 942 Einsätzen alarmiert.
„Christoph Sachsen-Anhalt“ und „Christoph Halle“ werden das ganze Jahr über als fliegende Intensivstationen eingesetzt. Zu ihren häufigsten Einsatzgründen zählten im vergangenen Jahr schwere Erkrankungen wie Schlaganfälle. Auch im Bereich der Notfallrettung waren die Hubschrauber regelmäßig bei Freizeitunfällen im Einsatz. (ben)
Zum Dienstbeginn kommen alle zusammen - Piloten, Ärzte, Rettungsassistenten. Einheitlich in roter Kluft gekleidet sind alle in zwei Minuten abflugbereit. Länger darf es auch nicht dauern, wenn sie zu einem Rettungsflug, einem sogenannten Primäreinsatz gerufen werden. Bei einer Patientenverlegung bleiben 15 Minuten.
„Hier Christoph Sachsen-Anhalt“
Pilot Norbert Ebbighausen ist der Leiter der Station. Er muss als Erster vom Frühstückstisch aufstehen. Kerosin wird geliefert. 15.000 Liter kommen heute in den Tank. „300 Liter verbraucht der Hubschrauber in der Stunde“, sagt Ebbighausen. Er sorgt dafür, dass an der Oppiner Station alles stimmt. Zehn Piloten, 30 Notärzte und 13 Rettungsassistenten kann Ebbighausen für die Dienste einsetzen.
Seit zwei Jahren gehört auch Ellen Roth zum Team. Die 40-Jährige arbeitet am Elisabeth-Krankenhaus. Ihr Kollege Schmeier ist seit sechs Jahren dabei und arbeitet am Kröllwitzer Uniklinikum. Man kennt sich, plaudert ein wenig oder nutzt die Wartezeit um „Papierkram zu erledigen“, sagt Roth.
Dann klingelt das Telefon. Ein Mann hat eine lebensbedrohliche Verengung an den Herzkranzgefäßen. So schnell wie möglich muss ein Bypass gelegt werden. In Halle soll operiert werden. Der Anruf kommt aus dem Bitterfelder Krankenhaus. Ein Befund wird gefaxt. Schmeier telefoniert mit dem behandelnden Kollegen im Klinikum, fragt wie es dem Patienten geht, welche Instrumente und Geräte gebraucht werden. Parallel dazu informiert sich Ebbighausen beim Deutschen Wetterdienst über die Lage am Himmel. Nur wenn die Sicht ausreichend ist, darf der Hubschrauber starten. Alles okay. „Sachsen-Anhalt“ wird ausfliegen.
Die Mannschaft bewegt sich in den Hubschrauber. Neben Ebbighausen und Schmeier ist Rettungsassistent Markus Seidel an Bord. Auf dem Hinflug sitzt der Rettungsassistent vorn. Er ist speziell für den qualifizierten Krankentransport und Rettungsdienst ausgebildet. Dazu kennt er die flugrelevanten Instrumente im Hubschrauber und unterstützt bei der Kommunikation über Funk. „Hier Christoph Sachsen-Anhalt. Wir starten jetzt nach Bitterfeld. In etwa zehn Minuten sollten wir da sein.“ Ist das Team nach 15 Minuten nicht da, würden sie gesucht. Alles ist minutiös dokumentiert. Zur Sicherheit und zur Abrechnung. In der Kabine füllt Schmeier Formulare aus.
Zeiten und Patientendaten muss auch er notieren. Der Hubschrauber schaukelt und vibriert gleichzeitig. Zum Desinfektionsgeruch mischen sich Kerosindämpfe. Viel Platz gibt es nicht. Zur medizinischen Notfallversorgung sind alle Geräte im Hubschrauber vorhanden: Überwachungs-, Beatmungsgerät, Infusionspumpen, ein Defibrillator und mehr. Alles hat seinen Platz. Alles ist genau austariert. Mehr als 3.350 Kilogramm darf die Maschine nicht wiegen. Seine Beine kann Schmeier nicht ausstrecken.
Landung auf dem Dach des Uniklinikums
Draußen scheint die Sonne. Die Landschaft zieht vorbei. Die Goitzsche wird erkennbar, der Bitterfelder Bogen ist zu sehen. Sekunden später landet Ebbighausen auf dem roten H vor dem Krankenhaus.
Bäume biegen sich unter dem Wind der Rotoren. Erst wenn sie still stehen, darf die Besatzung aussteigen. Schmeier und Seidel nehmen alles mit, was sie zur Übernahme und Versorgung des Patienten brauchen: Trage, Überwachung, Papiere. Dann verschwinden sie im Klinikum. Ebbighausen greift zum Telefon, meldet in der Zentrale, dass „Christoph Sachsen-Anhalt“ gelandet ist. Dann wartet er, bis der Notarzt und sein Assistent mit dem Patienten wiederkommen.
Der Mann ist ansprechbar und trotz seines brisanten Zustandes zu Scherzen aufgelegt: „Viel werde ich wohl nicht sehen bei diesem Flug“, sagt er. Zu dritt schiebt das Team die Trage in den Hubschrauber. Seidel und Schmeier bleiben hinten beim Patienten. Ebbighausen meldet in der Zentrale den Flug nach Kröllwitz an. Auf dem Dach des Uniklinikums werden sie vom Sicherheitspersonal schon erwartet. Von dort geht es mit dem Fahrstuhl auf die Station. Schmeier und Seidel übergeben den Patienten. Ebbighausen wartet wieder.
Ellen Roth ist derweil mit Pilot Dieter Matschuk und Rettungsassistentin Yvonne Hacker-Mühl auf dem Weg nach Wittenberg. Eine Patientin mit Lungenentzündung soll nach Kröllwitz verlegt werden. Es wird ihr letzter Einsatz für diesen Tag werden. Draußen wird es bald dunkel - ein kurzer Dienst im Winter. Im Sommer ist er länger.
Mehr als 20 Minuten dauert der Flug. Das Wetter ist schlechter geworden. Der Wind drückt von vorn. Die Wolken versperren jede Sicht. Der erfahrene Pilot Matschuk bleibt ruhig, orientiert sich am GPS. Über Halle wird das Wetter auch wieder besser. Die Patientin kann stabil übergeben werden. „Christoph Halle“ fliegt zurück. In Oppin beginnt die Nachtschicht.




