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Desolater Hof bekam neue Bestimmung Desolater Hof bekam neue Bestimmung: Pferdehof statt neuem Haus in Holleben

Von Claudia Crodel 29.07.2018, 16:00
So sah es 1988 aus, als Matthias Fritzsche den Hof übernahm.
So sah es 1988 aus, als Matthias Fritzsche den Hof übernahm. Silvio Kison

Holleben - Holleben kennen die meisten nur von der Ortsdurchfahrtsstraße, etwa wenn man von Halle-Neustadt zur A38 fahren möchte. Doch diese langgezogene, nicht wirklich attraktive Straße ist nicht alles, was der zur Gemeinde Teutschenthal gehörende Ort zu bieten hat. Im Ortskern gibt es eine ganze Reihe historischer Häuser und Höfe. Dazu zählt beispielsweise das Grundstück Burg 9, wo Matthias und Mandy Fritzsche eine Pferdepension betreiben. Der Hof ist zwischen 350 und 400 Jahren alt.

1988 kauften die Fritzsches den Hof, eine mit der Landwirtschaft verbundene Hollebener Familie. Damals sah der Hof alles andere als attraktiv aus. Kaputte Dächer, desolate, halb eingestürzte Fassaden und eine Elektrik, die völlig unbrauchbar war - so zeigten sich alle zum Hof gehörenden Gebäude. „Eigentlich hatten wir vor, im großen Stil alles abzureißen und hier ein Einfamilienhaus bauen“, blickt Matthias Fritzsche zurück. Das war noch zu DDR-Zeiten.

Was macht man mit diesem Hof in Holleben?

Doch dann sei die Wende gekommen und man habe neu denken müssen. Plötzlich stand die Frage: Was macht man mit diesem Hof, so dass so viel Geld zusammenkommt, dass man die Substanz erhalten kann? Dass sich der Hof für einen modernen landwirtschaftlichen Betrieb nicht eignet, war schnell klar, da er dafür viel zu klein ist.

„Wir haben dann erst einmal Baufreiheit geschaffen und die alte Lagerhalle des Hofes zu einer Halle zur Lagerung von Getreide und zur Maschinenhalle umgebaut. Erst später hatten wir dann die Idee, einen Reiterhof aus dem Gelände zu machen“, so Fritzsche.

Alte Lagerhalle in Holleben ist heute Reithalle und Strohlager

Heute ist er froh, dass alles so gekommen ist und findet, dass sich der Reiterhof gut ins Ortsbild passt. Die alte Lagerhalle ist heute Reithalle und Strohlager. Schritt für Schritt wurden die alten Gebäude umgebaut.

Ende der 90er Jahre wurde schließlich auch das ursprüngliche zum Hof gehörende historische Wohnhaus in Angriff genommen. 2001 entstand sogar eine Gaststätte dort, der „Burghof“, der bei den Gästen sehr beliebt war. „Wir hatten einen Koch aus dem Odenwald, der besondere Spezialitäten anbot, sogar Austern waren auf der Speisekarte, also etwas, was in unserer Region eher selten serviert wird in den Restaurants“, erklärt Fritzsche.

Auf dem Reiterhof leben 32 Pferde, überwiegend Pensions-Pferde

Als der Koch jedoch 2005 in den Ruhestand ging, habe man das Gasthaus geschlossen. „Wir wollten nicht irgendeinen anderen Koch anstellen oder die kleine Gaststätte verpachten“, meint Fritzsche. Auf dem Reiterhof leben 32 Pferde, überwiegend Pensions-Pferde, denen Koppeln in der idyllischen Saaleaue zur Verfügung stehen. Neben der großen Reithalle für die kalte Jahreszeit oder bei Regenwetter gibt es auch einen Reitplatz.

Auf dem Hof ist natürlich immer viel zu tun. Und auch mit den Bauarbeiten, die die Fritzsches zu großem Teil in Eigenleistung verrichteten, sei nie wirklich Schluss. „Im letzten Jahr haben wir die Außenwände des Pferdestalls erneuert und die Fenster dort“, nennt Fritzsche das jüngste Beispiel.

Besitzer klagte Verlust von fünf Pflaumen- und neun Weidenbäumen ein

Doch die Pferdepension ist nicht der einzige historische Hof, mit dem die Fritzsches zu tun haben. Das Wohnhaus der Familie in der Mühlenstraße ist sogar noch ein wenig älter als der Pferdehof. „Es ist fast 500 Jahre alt, bringt es also auf gut 100 Jahre mehr“, sagt Matthias Fritzsche, der das Haus ebenfalls saniert hat. Zudem baute sein Nachbar, der ebenfalls auf dem Mühlen-straßenhof lebt, die uralte Scheune zu Wohnzwecken um.

Zur Geschichte des Hauses in der Mühlenstraße hat der Heimatverein Holleben sogar eine Reihe von alten Dokumenten. „Wir besitzen beispielsweise Kopien von Schreiben aus dem 19. Jahrhundert, als Familie Hoffmann den Hof besaß“, erzählt Sieglinde Hortig vom Heimatverein. 1838 soll ein neuer Damm an der Mühle gebaut worden sein, für den Bäume gefällt werden mussten, geht daraus hervor. Darunter waren auch einige des Hoffmannschen Grundstücks. Der damalige Besitzer, Andreas Hoffmann junior, klagte den Verlust von fünf Pflaumen- und neun Weidenbäumen ein.

Der Hof, so geht es aus den Dokumenten hervor, ist möglicherweise eine Garantie für ein langes Leben. Die letzten beiden Hoffmannschen Bewohnerinnen, Margarete und Emilie Hoffmann, starben erst sehr hoch betagt. Emilie Hoffmann konnte sogar noch ihren 102. Geburtstag feiern, wie aus einem Zeitungsartikel aus dem Jahr 1950 ersichtlich ist. Sie soll drei Töchter gehabt haben und nie ernsthaft krank gewesen sein. (mz)

Mandy Fritzsche versorgt die Boxen der Pensionspferde mit Stroh.
Mandy Fritzsche versorgt die Boxen der Pensionspferde mit Stroh.
Silvio Kison
Schmuck sieht er wieder aus, der alte Hof in Holleben. Dass das so kommen würde hatte vor 30 Jahren keiner gedacht.
Schmuck sieht er wieder aus, der alte Hof in Holleben. Dass das so kommen würde hatte vor 30 Jahren keiner gedacht.
Silvio Kison