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Designerinnen Designerinnen: Schmuckwerk zwischen Balken

Von Katja Pausch 18.08.2004, 16:47

Halle/MZ. - Dass hier schöpferisch gearbeitet wird, ist nicht zu übersehen: Regale voller Glas, Steine und Muscheln, Silber und anderes Metall - nichts fehlt, was man braucht, um mit geschulten Händen etwas Neues entstehen zu lassen. Im Holzgebälk hängen unzählige Hämmer und kleine Sägen, Feilen in allen Größen, Scheren, Bohrer - Werkzeug, das oft schmerzhafte Assoziationen an den letzten Zahnarztbesuch weckt. Und tatsächlich gibt es Parallelen zu den Techniken der Graseweghaus-Nutzer, die sich vornehmlich der Schmuckgestaltung verschrieben haben. Das interessanteste Arbeitsmittel und zugleich der Stolz seiner Besitzerin ist denn auch ein richtiger, altertümlicher Feldzahnarztbohrer mit Fußantrieb. "Das gute Stück gehörte einst meinem Großonkel", sagt die 48-jährige Schmuckgestalterin Claudia Baugut, die einer Jenaer Zahnarztfamilie entstammt.

Im Januar 1989 erfüllte sich für sie und die Künstlerin Silvia Nagel ein Traum: Sie konnten in dem letzten repräsentativen Fachwerkbau in der Innenstadt, der nach den Abrissen in den 70er und 80er Jahren übrig blieb, als Mieter ein Atelier einrichten. Ein Atelier im Denkmal - für die Künstlerinnen der ideale Ort für Kreativität. Zum Tag des offenen Ateliers am 18. und 19. September übrigens öffnet neben vielen anderen Werkstätten auch das Graseweghaus seine Türen für neugierige Besucher.

Die Burg-Absolventin Baugut, die neben ihrer künstlerischen Arbeit und der Leitung verschiedener Kurse auch einen Lehrauftrag an der hiesigen Kunsthochschule Burg Giebichenstein innehat, betrachtet den Raum vor allem als Produktionsstätte, nicht als Laden. Dennoch, wen es hinein verschlägt, der darf sich umsehen: Vitrinen voller Schmuckstücke, Ringe, Ketten und Anhänger in Silber und mit unterschiedlichsten Steinen in allen nur denkbaren Formen und Größen. Sollte man auswählen - es fiele schwer.

Die wenig später gegründete Künstlergruppe "Graseweg", der neben Baugut und Nagel unter anderem Svetlana Bauer, Axel Müller und Thurid Langer angehören, hatte damit nun einen Ort, an dem jeder für sich, aber auch mit anderen an Projekten arbeiteen kann. Und derer sind viele: So waren und sind die Graseweg-Künstler an großen Messen, Ausstellungen und Galerien wie der Frankfurter "Ambiente", der "Inhorgenta" in München und im Leipziger Grassi-Museum sowie im Ausland vertreten. "Wir fertigen Schmuck als Auftragswerk, aber auch für Wettbewerbe und Galerien", so Claudia Baugut, die selbst am liebsten mit Silber experimentiert. Dabei wird zumeist mit traditionell Goldschmiede-Techniken gearbeitet, was freilich fast ausschließlich Handarbeit bedeutet: Schmelzen, Schmieden, Biegen, Hämmern, Ziselieren, Treiben...

Selbst das nötige Werkzeug wird von den Schmuckgestalterinnen zum Teil selbst gefertigt. "Wie alle handwerklich arbeitenden Künstler hat natürlich jeder von uns ein Lieblingswerkzeug", so Baugut. Typisch für die Schmuckbearbeitung: der als Werkbrett bezeichnete Arbeitstisch, unter dessen geschwungener Arbeitsfläche ein Auffangleder hängt - Brettfell genannt -, und das mit einem so genannten hölzernen "Feilnagel" ausgestattet ist. "An dem wird das künftige Schmuckstück angelegt und bearbeitet", so Baugut. Der Lohn der Mühe: experimentelle Kunstwerke und edler, tragbarer Schmuck.

Arbeiten von Claudia Baugut sind ständig in der Zeitkunst-Galerie, Kleine Marktstraße 4, sowie derzeit in Leipzig, Galerie Mangold, Am Thomaskirchhof 17, zu sehen.