Denkmal für Christian Wolff Denkmal für Christian Wolff : Dem Sockel in Halle ein Stück näher

Halle (Saale) - Das Echo ist fast schon ein landesweites: Aus Niedersachsens äußerstem Westen, von der holländischen Grenze, kommt Unterstützung für den halleschen Plan, dem Philosophen Christian Wolff in der wichtigsten Stadt seiner Wirksamkeit ein Denkmal zu setzen. Und diese Hilfszusage kommt nicht von irgendwem!
Der fast im gesamten deutschsprachigen Raum operierende Verein „Literaturlandschaften“ will sich nämlich sogar mit einem „symbolischen Betrag“ von einigen hundert Euro an der Umsetzung des Projekts beteiligen, so Vorstandsmitglied Karl Koch - denn: „Was wäre die deutsche, ja die europäische Aufklärung ohne den mutigen Beitrag des großen Gelehrten ihrer Stadt?“ Als einer der ersten Universitätslehrer habe es Christian Wolff zu einer „Schule“ mit Anhängern und Nachfolgern in ganz Europa gebracht, heißt es in dem Schreiben des Literaturlandschaften-Vereins, der mit 250 Mitgliedern das Geistesleben überregional fördert und begleitet.
Stiefmütterlich behandeltes Erbe
Doch welches Potenzial es für Halle hätte, mit dem Pfund des in der eigenen Stadt eher stiefmütterlich behandelten Erbes von Wolff endlich richtig zu wuchern, das spricht sich nun auch „an der Saale hellem Strande“ allmählich rum. Ein Denkmal nicht nur für Händel und für Wolffs mächtigen Gegenspieler August Hermann Francke? „Ja und nochmals ja!“, sagt dazu der ebenfalls aus Niedersachsen stammende bekannte hallesche Musiker , Buch- und Bühnen-Autor Siegfried von der Heide - und hofft zudem, dass ein Christian-Wolff-Denkmal „gerade jetzt, ein Signal für die Freiheit der Gedanken in einem weltoffenen Sinne setzen“ könnte.
Könnte! Aber ob es auch dazu kommen wird? Die Antwort aus der Stadtverwaltung auf diese Frage bringt besagten Christian Wolff dem wohlverdienten Platz auf einem Denkmalssockel freilich noch nicht wesentlich näher. Doch immerhin „unterstützt“ - laut Kulturdezernentin Judith Marquardt - die Stadt mit dem Stadtmuseum gemeinsam „die Initiative mehrerer hallescher Persönlichkeiten ... bei der inhaltlichen Arbeit“. Um allerdings gleich anzufügen, „dass die Finanzierung „als bürgerschaftliches Engagement auf der Grundlage von Spenden- und Sponsoringleistungen erreicht werden“ solle.
Daumendrücken aus dem Rathaus
Bleibt’s dann also bei der Sympathie und bei einem gemeinschaftlich heftigen Daumendrücken aus dem Rathaus heraus - zugunsten der privaten Denkmalsinitiative für den womöglich sogar zweitgrößten Hallenser aller Zeiten?
Scheint so, im Moment jedenfalls. Allerdings hat sich die Stadt über den Stadtrat erst jüngst per Beschluss die Möglichkeit geschaffen, jährlich ein jeweils dann neu zu schaffendes Kunstwerk für den öffentlichen Raum mit einer Summe von 25.000 Euro zu finanzieren. Diese Summe könnte sogar für zwei Jahre zusammengenommen und damit - mit Blick auf ein Projekt - verdoppelt werden.
25.000 Euro-Förderung
Wäre damit nicht doch die Möglichkeit gegeben, das Wolff-Denkmal auf diesem Weg zu fördern? Dazu befragt, äußert sich Stadträtin Inés Brock (Grüne) - die Initiatorin der besagten 25.000 Euro-Förderung - skeptisch. Man müsse dann schauen, ob es sich mit den Förderrichtlinien verträgt, sagt sie. Womöglich sei das Denkmalvorhaben dann eins jener Projekte, das sich sinnvollerweise um den städtischen Förderbetrag bewerben könnte.
Initiatoren des Projekts sind übrigens gleich mehrere namhafte Hallenser, für die mit Erwin Bartsch ein Stadtrat der Linken spricht. Der einstige CDU-Stadtrat Wolfgang Kupke, der emeritierte „Burg“-Professor und Bildhauer Bernd Göbel sowie die ebenfalls emeritierten Uni-Professoren Jürgen Stolzenberg und Hans-Joachim Kertscher gehören, laut Kulturdezernentin Marquardt, ebenfalls zum Kreis derer, die sich für die sichtbare Wolff-Ehrung einsetzen - im öffentliche Raum der Stadt, die den großen Philosophen zunächst verstoßen hat und durch den sie dann dennoch für Jahrzehnte weltberühmt geworden ist.
Professor nach Halle berufen
Christian Wolff (1679-1754) wurde als 27-Jähriger erstmals als Professor nach Halle berufen - zunächst nur für Mathematik, doch bald folgten auch philosophische Vorlesungen, die er als einer der ersten nicht in Latein sondern auf Deutsch hielt, was ihn zum Begründer der deutschen Begrifflichkeit in der Philosophie werden ließ. Gleichzeitig kam er mit dem Pietisten August Hermann Francke in einen immer schärferen Konflikt - ausgelöst durch Wolffs Rede mit Aussagen zur chinesischen Philosophie. Die sorgten einerseits für eine bahnbrechende Diskussion und zugleich für einen aus heutiger Sicht kaum mehr nachvollziehbaren Skandal, der Wolff aus dem Kreis um Francke den damals schwerwiegenden Atheismus-Vorwurf einbrachte.
Erst 17 Jahre nach seinem Rauswurf aus Halle kehrte der inzwischen noch viel berühmtere Denker triumphal in die Stadt zurück - heimberufen vom neuen Preußenkönig: von Friedrich, dem Großen.
Angemessenes Kunstwerk
Nicht zuletzt die Dramatik dieser Geschichte spricht für ein angemessenes Kunstwerk, das sich die Initiatoren am Uni-Platz und vor dem Christian-Wolff-Haus, in dem Halles Stadtmuseum untergebracht ist, vorstellen können. Letzteren Platz würde laut Dezernentin Marquardt auch die Stadt favorisieren - doch auch andere Standorte seien denkbar. Über die müsste, falls es sich um städtischen Raum handeln sollte, dann allerdings erst noch „der Stadtrat entscheiden“, so Halles Kulturbeigeordnete.
Grünes Licht also insgesamt, wenn auch ohne Geld für ein Projekt, das - etwa bei einer angemessen überlebensgroßen Bronzefigur - leicht über 50.000 Euro kosten dürfte. Doch so ein Betrag sollte aufzubringen sein, schon weil - laut Karl Koch vom „Literaturlandschaften“-Verein - Halles „Denkmallosigkeit“ mit Blick auf Wolff „keine gute Visitenkarte ist für die Stadt und ihre Universität“ (mz)