Debatte um Halle-Neustadt Debatte um Halle-Neustadt: Denkmalschutz für die Platte?

Halle - Neustadt ist einzigartig. In diesem Punkt sind sich - gerade im Jubiläumsjahr - viele Experten einig. Der größte hallesche Stadtteil ist die einzige Stadtneugründung nach 1945 in Deutschland - und eine der wenigen Städte, die nach einem klarem Konzept zwischen Bauhaus-Tradition und sozialistischer Moderne errichtet worden sind. Doch so einzigartig die Architektur auch ist: Ob sie auch erhalten bleiben muss, darüber gibt es seit Jahren Streit.
Der Gestaltungsbeirat der Stadt hat jetzt einen Vorstoß gewagt: Der Stadtteil soll unter Denkmalschutz gestellt werden. Bei der Landeskonservatorin Ulrike Wendland, die für den baulichen Denkmalschutz in Sachsen-Anhalt zuständig ist, trifft dieser Vorstoß auf offene Ohren. „Es ist höchste Zeit, sich darüber ernsthaft Gedanken zu machen“, sagt sie.
Denn die Gefahr ist groß, dass Neustadt in den kommenden Jahren seine markantesten Häuser verlieren könnte. Seit Jahren fehlt ein Nutzungskonzept für vier der fünf Hochhausscheiben - bis heute. Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) hat bis Mitte nächsten Jahres eine konkrete Idee eingefordert, wie es weitergeht. Ansonsten sei auch der Abriss eine Option.
Politische Debatte
Doch damit würde der ursprüngliche Charakter des Stadtteils verloren gehen. Das befürchtet auch der Landtagsabgeordnete Hendrik Lange, der in Neustadt wohnt. „Neustadt hätte ein völlig anderes Gesicht, wenn die Scheiben weg wären“, sagt er. Die Denkmalschutzidee findet er deswegen „charmant“. Doch es gäbe auch eine Kehrseite. „Durch den Denkmalschutz dürfen notwendige Aufwertungsmaßnahmen auf keinen Fall verhindert werden“, sagt Lange.
Genau zwischen diesen beiden Polen findet die Diskussion statt. „Klar ist, dass wir nicht von uns aus allein tätig werden. Wir brauchen eine politische Debatte und den klaren Willen der Stadt zum Denkmalschutz“, sagt Wendland. Bei der Stadt zeigt man sich grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber der Debatte. Derzeit werde mit dem Landesamt über ein Gutachten für den Stadtteil diskutiert. Anhand dessen könne dann über konkrete Maßnahmen entschieden werden.
Skulpturen und die Wandgemälde unter Denkmalschutz
Dabei ist sich Wendland sicher, dass in Neustadt grundsätzliche schutzwürdige Gebäude stehen. Es gebe durchaus Vorarbeiten und erste Sichtungen bei Landesamt. Wenn gewünscht, dann könne man wissenschaftlich in einem ersten Schritt zunächst untermauern, welche Häuser schützenswert wären. Erst danach gehe es um den konkreten Umgang mit Denkmäler. „Es ist dann bei baulichen Veränderungen immer ein Abwägungsprozess zwischen Denkmalschutz und Eigentümerinteressen“, sagt Wendland. Natürlich wär das deutlich schwieriger als heute. Doch der Denkmalschutz böte auch Chancen. Sanierungen von geschützten Häusern werden steuerlich begünstigt. Bei mehreren Hochhäusern in Dessau im Stadtpark sei erst durch den Denkmalschutz eine Sanierung gelungen. „Das ist eine große Erfolgsgeschichte“, sagt Wendland. Völliges Neuland wäre es in Neustadt nicht. Seit Jahrzehnten stehen die Brunnen, die Skulpturen und die Wandgemälde unter Denkmalschutz. (mz)