DDR-Unternehmen "Hermes" als Schau DDR-Unternehmen "Hermes" als Schau: 97 Millionen Schulhefte aus Halle

Halle (Saale) - „Zehn Blatt - Zehn Farben“ sowie „EVP 0,25 M“ steht auf dem Buntpapier-Bogenheft, das jetzt in einer Vitrine im Edeka-Center auf dem Hermes-Areal am Dessauer Platz ausgestellt ist. Jedes Kind in der DDR kannte dieses Buntpapier. Genau wie das Zeugnisheft, das ebenfalls jeder bekam, oder die grauen Klassenbücher und die bunten Geschäftsbücher. Es gab praktisch keine anderen.
All diese „Schreibwaren“ erzählen die Geschichte eines beinahe schon vergessenen halleschen Traditionsunternehmens: Hermes. „Bei uns wurden allein 97 Millionen Schulhefte produziert und zehn Millionen Kalender hergestellt - pro Jahr“, sagt Eberhard Kunze. Der VEB Hermes Graphischer Spezialbetrieb sei damit der größte Produzent von Schulpapierbedarf und Geschäftsbüchern in der DDR gewesen. Aber auch Kinder in Westdeutschland, aus Holland, Italien, Belgien oder Schweden schrieben in Schulhefte aus Halle. Zur Wende hatte Hermes mit dem Zweigbetrieb in der Geiststraße 22 immerhin rund 500 Mitarbeiter, sagt Eberhard Kunze.
Der Hallenser hat einige der Exponate und Dokumente für die Ausstellung über die 1912 von der Berliner Firma Ashelm gebauten Fabrik beigesteuert. Auch für ihn war die Eröffnung der Schau am Mittwoch eine Rückkehr. „Das macht mich auch ein bisschen traurig. Hermes, das war die beste Zeit meines Lebens“, sagt er. 1978 hat der heute 74-Jährige, der gleich neben dem Hermes-Gelände aufgewachsen ist, als Leiter „Absatz und Beschaffung“ im Unternehmen begonnen. „Nach der Wende haben wir vergeblich versucht, den Treuhandbetrieb zu retten. Im zweiten Halbjahr 1991 hatten wir zwar 2,4 Millionen Mark Umsatz und schrieben schwarze Zahlen. Dennoch wurde die Firma verkauft“, erinnert er sich. Und alle entlassen. Wenig später startete Kunze mit 25 ehemaligen Mitarbeitern neu, es wurden 60 daraus, doch am Ende reichte es nicht.
Das Edeka-Center auf dem Hermes-Areal ist ein ebenso ungewöhnlicher wie geeigneter Ort, diese hallesche Industrie- und auch Wendegeschichte kurz zu erzählen. So begegneten auch Hallenser der Stadtgeschichte, die sonst vielleicht eher nicht ins Museum gehen, sagt Jane Unger, die Leiterin des Stadtmuseums. Dieses unterstützt die Schau in der Kassenzone.
