Das Klima stimmt Das Klima stimmt: Wie die Gottesanbeterin sich in Halle und im Saalekreis ansiedelt

Halle (Saale) - Sie sieht für Laien wie eine Heuschrecke aus, nur eben viel größer, die beiden Fangarme wie zum Gebet vor dem Rumpf gefaltet: die Gottesanbeterin. Ein Exemplar in freier Wildbahn in Halle zu sichten, war jahrzehntelang so selten wie ein Sechser im Lotto. Das bis zu acht Zentimeter lange Insekt - es gehört übrigens zur Gattung der Fangschrecken - liebt und sucht die Wärme.
Gottesanbeterinnen auch in Bad Lauchstädt, Merseburg, Lieskau und Naumburg entdeckt
Am Vulkanmassiv des Kaiserstuhls am Südzipfel in Baden-Württemberg kann man sie treffen. Und neuerdings auch in und um Halle. Dennis Müller, Direktor des Bergzoos, berichtet von sieben Meldungen in den vergangenen vier Wochen. Neben Halle wurden Gottesanbeterinnen in Bad Lauchstädt, Merseburg, Lieskau und Naumburg entdeckt. „Ich finde diese Entwicklung bemerkenswert. Und es gibt noch keine schlüssige Erklärung dafür, wie die Tiere zu uns gekommen sind“, sagt Müller.
Vor Jahren tauchte die streng geschützte Art, Insekt das Jahres 2017, schon einmal in Halle auf. „Damals kam sie als Mitbringsel aus dem Urlaub in unsere Gefilde.“ 2018 gab es eine weitere offizielle Sichtung. Und nun scheint „Mantis religiosa“ den Großraum Halle für sich erschlossen zu haben. „Blinde Passagiere im Urlaubsgepäck sind das nicht. Offenbar kommt die Gottesanbeterin mit den Klimaveränderungen bei uns gut zurecht“, sagt Müller. Zwei heiße und trockene Sommer in Folge sind ganz nach dem Geschmack des Insekts.
Gottesanbeterin steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten
Wer die zumeist leuchtend grünen Tiere auf der Veranda oder im Garten findet, kann sich glücklich schätzen. Gottesanbeterinnen sind für die meisten Individuen harmlose Geschöpfe. Sie ernähren sich von Fliegen und Wespen, haben zudem auch Schädlinge auf der Speisekarte. „Natürlich sehen sie aus wie aus einer anderen Welt. Das kann Menschen auch verschrecken. Wer eine Gottesanbeterin im Haus entdeckt, sollte sie vorsichtig mit einem Glas und einem Stück Papier fangen und im Freien wieder aussetzen“, sagt der Zoodirektor. Als Trophäe in ein heimisches Terrarium gehört sie aber nicht. Die Gottesanbeterin steht auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Sie zu fangen und zu halten, ist verboten.
„Manche meinen es gut und wollen uns so ein Fundtier bringen. Das muss und sollte auch niemand tun. Das Beste ist, die Tiere in Ruhe zu lassen und sich zu freuen, dieses Insekt beobachten zu können“, sagt Müller. Er räumt zudem mit einem Vorurteil auf. Es stimme nicht, dass die größeren Weibchen die kleineren Männchen zumeist beim oder nach dem Liebesakt auffressen. Das komme zwar hin und wieder vor, sei bei der mitteleuropäischen Gattung aber doch eher selten. (mz)