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Das Buch der Züchtigung in Sütterlin

Von Kornelia Privenau 07.04.2008, 16:04

Beesenstedt/MZ. - Er erzählt: "Ich hörte von der Sütterlin-Stube in Halle, fuhr mal hin und sah mir das an." Er sei beeindruckt gewesen, wie groß der Zuspruch war und ihm kam die Idee: "Was in Halle klappt und angenommen wird, warum soll das nicht auch im Saalekreis klappen?" Rackwitz nahm Kontakt zur Kreisvolkshochschule auf, die ihr Semesterangebot um einen Sütterlin-Kurs erweiterte. Und so treffen sich jetzt 20 Kurs-Mitglieder im Alter von 40 bis 72 Jahren mittwochs ab 19 Uhr in der Beesenstedter Grundschule zum Unterricht. Auch Ehefrau Barbara Rackwitz zählt zu den Schülern. "Die meisten Kursmitglieder sind historisch interessiert und wollen die deutsche Schrift lesen und schreiben lernen. Es sind aber auch Mitarbeiter aus Verwaltungen und Standesämtern dabei, die ja nicht selten mit alten Dokumenten oder Urkunden zu tun haben, sie übersetzen müssen."

Auf dem Wohnzimmertisch des Ehepaares liegen handgeschriebene Bücher aus dem 19. Jahrhundert, die über das Leben in der Schule berichten. Es gibt sogar ein "Züchtigungs-Buch", in dem die Lehrer den Namen, das Vergehen des Schülers und die Art der Strafe - meist Stockschläge auf den Hintern oder die Hände - eintrugen: penibel genau, wie es preußische Art gewesen ist.

Preußens Kulturministeriums war es übrigens auch, das 1911 Ludwig Sütterlin beauftragte, eine deutsche Schrift zu entwickeln. 1915 wurde sie eingeführt. Sütterlin selbst vereinfachte sie später, die ausgeprägten Ober- und Unterlängen der Buchstaben verschwanden. Und so konnte statt mit einer stählernen Spitz- mit einer zarteren Redisfeder geschrieben werden.

Eberhard Rackwitz liegt es am Herzen, für einen weiteren Sütterlin-Kurs Lehrer zu finden. Die Kenntnisse dieser alten Schrift zu bewahren, ist sein Ziel. "Es wäre schön, wenn sich dafür jemand bei der Volkshochschule melden würde", sagt er.