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Dank Cochlea-Implantat Dank Cochlea-Implantat: Fast taube Patienten erlernen das Hören neu

11.11.2014, 20:56

Halle (Saale) - Wolfgang Lisker kann sich noch gut an den Moment erinnern, als er zum ersten Mal das Geräusch seiner Schritte auf dem Fußboden wahrnahm. „Ich hörte das Klackern der Absätze. Es war fantastisch“, beschreibt der Fernfahrer. Lisker ist der zweite Patient, dem im halleschen Klinikum Martha Maria ein sogenanntes Cochlea-Implantat eingesetzt wurde. Dieses Verfahren wird dort seit Jahresbeginn angeboten. Bislang wurden vier Patienten behandelt. „Das Implantat eignet sich für Menschen, die so schwerhörig sind, dass ihnen Hörgeräte nicht mehr helfen“, erklärt Chefarzt Jürgen Lautermann.

Zum Implantat-System gehört ein Mikrofon, das hinter dem Ohr getragen wird und Geräusche aufnimmt. Die Signale werden dann über eine Sendespule zum eigentlichen Implantat weitergeleitet. Das sitzt unter Kopfhaut. Die Signale werden schließlich an eine Elektrode geschickt, die im Innenohr sitzt und den Hörnerv stimuliert. Mit dieser Technik können selbst Kinder, die nahezu taub auf die Welt kamen, hören.

„Die Patienten müssen das Hören teilweise ganz neu erlernen“

Allerdings darf man als Patient vom Implantat keine Wunder erwarten. Nach der Operation, bei der das Implantat eingesetzt wurde, kann der Patient nicht sofort alles verstehen. „Man braucht viel Geduld. Eigentlich bin ich dafür der Falsche“, sagt Lisker. Das Cochlea-Implantat muss nach und nach angepasst werden. Laut Chefarzt Lautermann dauere dieser Vorgang mehrere Monate, wenn nicht sogar Jahre. „Die Patienten müssen das Hören teilweise ganz neu erlernen“, so der Mediziner.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, wie es dem Patient Wolfgang Lisker mit dem Cochlea-Implantat geht.

Auch Lisker hat noch Hörprobleme. Wenn mehrere Leute in einem Raum durcheinandersprechen, fällt es ihm sehr schwer, etwas zu verstehen. Trotzdem sei er sehr froh über sein Implantat, sagt er. „Ich habe mich seit 1998 mit Hörgeräten gequält, die mir kaum helfen konnten. Verglichen damit erlebe ich jetzt Luxus.“

Komplikationen wie Schwindelanfälle seien sehr selten

Trotz dieser Ergebnisse haben viele Patienten große Angst vor der Operation, bei der das Implantat in den Kopf gesetzt wird. „Die Risiken des Eingriffs lassen sich mit denen einer Mittelohr-OP vergleichen“, so Lautermann. Es könne zu Wundinfektionen kommen, die durch Antibiotika behandelt würden. Andere Komplikationen wie beispielsweise Schwindelanfälle seien sehr selten. Ist das Implantat einmal eingesetzt, hält es meist jahrzehntelang. Man kann damit auch Sport treiben und zum Beispiel schwimmen.

Doch das Cochlea-Implantat ist nicht für jeden geeignet. Einigen Menschen empfehle man, es weiter mit Hörgeräten zu versuchen, so Chefarzt Lautermann. Er hofft auf Fortschritte: „Die Technik in diesem Bereich entwickelt sich aber extrem schnell weiter. Wer weiß, was in ein paar Jahren möglich ist.“ (mz/dho)